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der Geist das Allgemeine hervorhebt. „Der Geist (Nus) hat es mit

den Begriffen zu tun, für die es keine Definition g i b t … , s o n d e r n

Wahrnehmung, nicht / jene, die die sogenannten eigentümlichen

Sinnesobjekte erfaßt, sondern eine wie die ist, durch die wir inne-

werden, daß das letzte Mathematische das Dreieck ist“

1

, also eine

„Wahrnehmung“ im Sinne des Einleuchtenden. Der Nus heißt dar-

um auch der Anfang der Wissenschaft, weil er die Anfänge (Prin-

zipien), das unmittelbar Einleuchtende zum Gegenstande hat und

daraus erst die verarbeitenden Begriffe entwickelt. Aus dieser Un-

mittelbarkeitslehre ist auch die berühmte Stelle (431 b, 17) in der

Schrift „Uber die Seele“ zu verstehen, welche lautet: „Der in Wirk-

lichkeit erkennende Geist ist das Erkannte“ (ist der Gegenstand, das

Nichtich, wie bei Fichte),

ό νούς έστίν ό καί ένέργειαν νόων τά πράγματα

.

Ebenda

lobt

Aristoteles

den

Platonischen

Satz,

die

Seele sei „der Ort aller Formen“ (429 a, 27) und sagt (431 b, 21 ff.)

noch deutlicher: „Die S e e l e i s t g e w i s s e r m a ß e n d e r

I n b e g r i f f a l l e r D i n g e

(

ή ψυχή τά όντα πώς έοτι πάντα

) ...

Der wahrnehmende und wissende Teil der Seele sind aber dem

Vermögen nach einerlei mit den Gegenständen ... Dies müssen nun

notwendig die Dinge selbst sein oder ihre Formen. Aber die Dinge

selbst können es nicht sein; d e n n n i c h t d e r S t e i n i s t

d i e S e e l e , s o n d e r n d i e F o r m d e s S t e i n e s . . . so

ist die Vernunft (Nus) die Form aller Formen und der Sinn die

Form alles Wahrnehmbaren.“ „. .. die Vernunft ist der Möglichkeit

nach gewissermaßen der Inbegriff aller Dinge, aber der Wirklichkeit

nach nichts davon, bevor sie denkt... Und sie selbst ist in dersel-

ben Weise denkbar wie alle Denkobjekte. Denn bei allem, was stoff-

los (reine Form) ist, fällt das Denkende mit dem Gedachten zusam-

men .. .“

2

Diese Lehre möchten wir aber nur als die eine Seite der Erkennt-

nistheorie des Aristoteles betrachten. Die andere wird dadurch be-

zeichnet, daß er die Dinge wie Platon durch einen ideenhaften We-

sensinhalt bestimmt sein läßt. Dieser, der den Allgemeinbegriff be-

gründet, ist die einwohnende Form (Idee). Infolge der Einwohnung

1

Aristoteles: Nikomachische Ethik, 1142 a. — Das heißt, daß es keine gerad-

linige Figur von weniger als drei Seiten geben kann.

2

Aristoteles: Uber die Seele, deutsch von Adolf Busse, Leipzig 1911, 429 b,

30 ff. (= Philosophische Bibliothek, Bd 4). — Sperrungen von mir.