Table of Contents Table of Contents
Previous Page  5941 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 5941 / 9133 Next Page
Page Background

[229/230]

257

bei sich selbst, wie er auch der Welt durch seine Schöpfertätigkeit

unaufhörlich einwohnt.

Allerdings muß auch gerade in diesem Punkte die Prüfung ein-

setzen. Denn der als in sich ruhend die Welt bewegende Gott soll

nach Aristoteles diese Welt (die Materie) schon als ein Anderes

n e b e n sich haben, sofern sie nämlich ewig sein soll. Das wäre ein

Widerspruch. Denn wenn die Materie ewig ist, kann das Tätige

(Gott, die reine Wirklichkeit) nicht v o r h e r da sein, was doch

der Aristotelische Satz / „das Wirkliche ist vor dem Möglichen“ ge-

rade in der Zeitfolge — genetisch — verlangt.

Indem wir hier eine Abweichung der Aristotelischen von der Pla-

tonischen Gotteslehre, welche die Welt durch die Tätigkeit des De-

miurgen in der Zeit werden läßt, feststellen, berühren wir zugleich

die größte Denkaufgabe, die durch alle idealistischen Philosophien

hindurchgeht: das Endliche aus dem Unendlichen, das Veränderliche

aus dem Unveränderlichen, die Welt aus Gott abzuleiten.

2 . Die ü b r i g e n L e h r b e g r i f f e . Daß die Aristoteli-

sche Lehre trotz ihres Tadels der Platonischen I d e e n l e h r e als

eine Portbildung derselben gedacht ist, trat wiederholt hervor.

Demgemäß sind die wichtigsten Lehrbegriffe des Aristoteles als

Umbildungen Platonischer Lehren aufzufassen. So: das Einzelding

als Usia (Wesenheit, Substanz) statt des Allgemeinen; die Einwoh-

nung der Idee (Form) statt der Jenseitigkeit; die „Bewegung“ statt

der Mischung

μίξις

des „Philebos“; die Form als „Zweck“ zur Be-

gründung des teleologischen Verfahrens; die einheitliche Benennung

der Materie als „Hyle“ (Platon gebrauchte noch keinen einheitlichen

Namen). Eine eigene gewaltige Schöpfung des Aristoteles ist hinge-

gen die Syllogistik.

Diese Portbildungen erwiesen sich uns aber nicht immer als Port-

schritte. Ja, die beiden metaphysischen Hauptgedanken des Aristo-

teles: das E i n z e l d i n g a l s U s i a u n d d i e r e i n e

E i n w o h n u n g d e r F o r m s i n d n i c h t z u E n d e

d e n k b a r e B e g r i f f e . Denn (a) gibt es nach Aristoteles nur

Einzeldinge, so gibt es kein Allgemeines — Nominalismus; (b)

dieser aber, zu Ende gedacht, bedarf keiner Idee oder Form; (c)

soll es aber doch ein Allgemeines geben, wie Aristoteles will, so

muß das eine Allgemeine, also die eine Idee oder Form, viele Einzel-

dinge bestimmen — der Platonismus; (d) diese überindividuelle

17 Spann 13