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oder „ I n d i f f e r e n z “ beider Setzungen, der positiven und ne-
gativen, in sich schließt. Da Schelling das sich setzende Ich als das
absolute Ich faßt, so bedeutet ± das Absolute. Diesem Identitäts-
gedanken gemäß konnte auch die Natur bestimmt werden, als jene
Setzungsart des Absoluten, in welcher die Objektivität (das „—“,
das Nicht-Ich) überwog; der Geist als diejenige, in welcher die
Subjektivität (das „+“ das Ich) überwog. Schelling selbst gab dafür
folgendes Bild
1
:
+
+
A = B
A = B
A = A
Dabei bedeutet A = A den „Gleichgewichtspunkt“ der Identität,
den absoluten Geist, + A das Uberwiegen des Geistigen, den empi-
rischen Geist ( + ), + B das Uberwiegen des Materiellen oder die
Natur (Objekt).
Die „Indifferenz“ nennt Schelling „absolute Vernunft“
2
, / führt
aber diese Bestimmung allerdings nicht durch — was später Hegel
tat.
Die innigste Verschlingung der Identitätsphilosophie mit dem
Fichteschen Grundgedanken wird auch hier wieder offenbar. Aber
sie bedeutete nicht nur die Klärung eines Gedankens, der bisher
stillschweigend am Grunde lag, sie brachte überdies eine systemati-
sche Neuerung: vor die Natur- und Ichphilosophie (Transzendental-
philosophie) trat nun eine allgemeine Philosophie des Absoluten,
dasselbe was später in Hegels „Logik“ Gestalt annahm und weder
Natur noch Geist betraf, sondern das Absolute, „Gott vor Erschaf-
fung der Welt“ (wie Hegel sagte
3
).
Im übrigen liegt die Bedeutung der Identitätsphilosophie darin,
daß sie (1) die Wendung zum Objektiven, Ontologischen vollendet
und erst gänzlich den Subjektivismus, der durch das Herkommen
von der Ich-Philosophie nicht so leicht zu bannen war, beseitigte;
und daß (2) die Philosophie auch systematisch wieder zur Metaphy-
1
Schelling: Darstellung meines Systems (1801), Sämtliche Werke, Abt. 1,
Bd 4, Stuttgart 1859, § 46, S. 137.
2
Schelling: Darstellung meines Systems (1801), Sämtliche Werke, Abt. 1,
Bd 4, Stuttgart 1859, § 1 ff.
3
Siehe unten S. 281.