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Fassung. Ursprünglich ist ihm nämlich wie Fichten die erste Setzung (jene des sich
selbst setzenden Ich) schlechthin „Setzung“ als ein
welchem die Gegenset-
zung als ein “ folgen muß. In der „positiven Philosophie“ dagegen ist ihm die
erste Potenz ein „Können“, das „Seinkönnen“ und er bezeichnet es daher mit —,
so daß der darauffolgende Schritt der Übergang vom Können zum Tun, vom
Möglichen zum Wirklichen ist: ein +, das Sein oder „Seinmüssen“ oder „blinde
Sein“; die dritte Potenz: ein ±, das „Seinsollen“, Geist.
γ.
Geistesphilosophie
Da sie weitgehend Fichten folgt, gelten die gegenüber diesem ge-
machten Bemerkungen
1
. Der Durchbruch zum Übereinzelnen in
der S t a a t s - u n d S i t t e n l e h r e und noch mehr in der
G e s c h i c h t s auffassung ist nicht hoch genug anzuschlagen. Lei-
der befaßte sich Schelling nur wenig damit. Die geschichtliche Auf-
fassung der Schöpfung beschäftigte ihn dagegen bis zuletzt.
Die E r k e n n t n i s - u n d S e e l e n l e h r e wird von
Schelling fast nur nebenher, aber stets lebendig und unter Festhal-
tung der Selbstsetzung sowie der „intellektuellen Anschauung“ be-
handelt. In seiner späteren Zeit unterscheidet Schelling Leib, Seele
und Geist. Welche Bedeutung seiner Lehre von der „intellektuellen
Anschauung“ zukommt, kann die heutige Seelenlehre freilich nicht
ermessen.
Dagegen finden wir die Lehre von der U n s t e r b l i c h k e i t
so weit ausgeführt, wie bei keinem anderen Philosophen der neue-
ren Zeit („Clara“, 1816, „Stuttgarter Privatvorlesungen“, 1810,
„Philosophie der Mythologie und Offenbarung“, 32. Vorlesung).
Drei Zustände und Zeiten folgen ihm im menschlichen Gesamt- wie im Welt-
leben aufeinander, die Zeit des äußeren oder einseitig natürlichen Lebens, die Zeit
des Geisteslebens, die Zeit des erhöhten geistig-natürlichen Lebens. Der Tod ist
notwendig, um die innere Lebensgestaltung des Menschen von der äußeren, die sie
unterdrückt hält, zu befreien. Aber auch das innere Leben allein kann uns nicht
genügen. Erst wenn die Natur ins Geistige erhöht wird, ist die Zeit da, wo das
Innere ganz verkörpert im Äußeren, das Äußere völlig verklärt ins Innere, beide
zusammen ein unzerstörliches Leben führen.
δ. Kunstphilosophie
Die Kunstphilosophie Schellings befreit die Kunst nicht nur, wie
Kant, von der Nützlichkeit und Lust, also von der utilitarisch-
hedonistischen Auffassung, auf die sie der Empirismus gründet; sie /
gibt ihr auch mehr als das bloß formale Apriori Kantens. Die Kunst,
1
Siehe oben S. 121 ff.