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in der nach Schelling das Objektive, das im Geiste schläft, aufbricht,

ist auch keine entbehrliche Zutat, kein bloßer Schmuck, sondern

wesenhafter Bestandteil des Lebens. Es war echt r o m a n t i s c h e s

Lehrgut, das Schelling philosophisch begründete. So sagt N o v a l i s

in seinen „Fragmenten“: „Die Poesie ist das absolut Reelle. Dies ist

der Kern meiner Philosophie.“

ε. Naturphilosophie

Die Naturphilosophie wird stets die größte Tat Schellings bleiben.

Der tiefste Gedanke seiner Naturphilosophie: daß das im Menschen

als Ich zum Bewußtsein kommende Geistige durch die ganze Schöp-

fung hindurchgegangen sei — wird infolge der empiristischen Ver-

flachung unserer heutigen Bildung nicht verstanden. Aber er wird

durch keine noch so erfolgreiche mechanisch-mathematische Natur-

wissenschaft widerlegt! — Die Durchführung dieses Gedankens al-

lerdings bei Schelling war allzu kühn und unzulänglich, der Gedanke

selbst wird ewig bleiben, wie er denn auch den ältesten Philosophien

eigen war und uns schon von A n a x a g o r a s (um 500 v. Chr.)

berichtet wird, daß er den Geist in der Natur suchte und P l a t o n

den Geist als den König der Welt feierte.

Gegenüber der Gewißheit, daß die Natur nicht als etwas Totes,

Mechanisches anzusehen sei, bleibt die mathematisch-mechanische

Physik unseres Erachtens nichts anderes als eine verfahrenmäßige

Unterstellung, die zwar große praktische Erfolge erzielt, aber nicht

das Wesen der Natur erfaßt. Ein Mangel der Schellingischen Natur-

lehre war es, daß sie nicht zu einer klaren Verfahrenlehre der Na-

turwissenschaft vorzudringen vermochte (denn die Dialektik reichte

nicht hin). Trotzdem befruchtete sie die Naturforschung ihrer Zeit

reich und lenkte die Aufmerksamkeit auf Gestalt, Individualität,

Vergleichung und auf Grenzerscheinungen (tierischen Magnetismus,

vorbewußtes Seelenleben und ähnliches).

Auch muß man feststellen, daß der Satz, die Natur sei Geist, nicht so einfach

behandelt werden könne, als es bei den ersten Versuchen geschah. Schelling selbst

sagt zwar nur: die Natur ist eine Vorstufe des Geistes. Aber auch da ist die ein-

fache, ableitend-entwerfende Behandlung im Stile der Wissenschaftslehre und mit

den Mitteln der Dialektik unzulänglich. Jedenfalls ging Schelling darin zu äußerlich

vor und wurde durch die dialektischen Entgegensetzungen gewaltsam. Das bot der

Plattheit willkommene Vorwände und tut es bis heute.

Der richtige Weg ist unseres Erachtens die Ausbildung einer ganzheitlichen