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nicht entkräften. Ja, gerade seine Voraussetzung durchgängiger Ver-

nunftbestimmtheit alles Geschehens schließt dieses Vernunftwidrige,

Böse, Dämonische aus.

Außer in der Dialektik sehen wir also vor allem in der d u r c h -

g ä n g i g e n Vernunftbestimmtheit die Schwäche des Systems.

Daher auch die erwähnte grundsätzlich eindeutige Ableitung des

Weltgebäudes und der Geschichte. Wenn die Geschichte selbst die

Vernunft, die göttliche Vernunft wäre und nur sie, dann wäre der

Gang ihrer Entfaltung, wenn auch durch Gegensätze bedingt, durch

und durch göttlich; dann wären Licht und Finsternis, Leben und

Tod, gut und böse selbst göttlich — dann aber hätten wir unaus-

weichlich Gott in ein natürliches Werden hereingezogen.

Hegel glaubt die Welt bis auf den Grund zu durchschauen. Es

bleibt kein Geheimnis mehr. In Wahrheit lenkt eine solche Ansicht

mehr und mehr in die Bahnen des Determinismus, Naturalismus ein

— allerdings ganz gegen Hegels Absicht.

Z u s ä t z e ü b e r e i n z e l n e L e h r b e g r i f f e

1 . D a s d i a l e k t i s c h e V e r f a h r e n . Falsch ist am dialektischen Ver-

fahren, daß die Synthesis erst nachträglich, nachdem schon die Setzung und Ge-

gensetzung geschehen sei (nämlich gemäß der Abfolge: +, —, ±) vollzogen würde;

und falsch ist ferner, daß die dialektischen Gegensätze wirklich ausschließende

(kontradiktorische) seien.

Hinsichtlich der N a c h t r ä g l i c h k e i t der Synthesis, darin bestehend, daß

sie aus schon erfolgter Setzung und Gegensetzung die Einheit herstellen soll,

leuchtet ein, daß aus getrennten Setzungen niemals eine Einheit werden könne.

Wie wir schon bei der Besprechung der Kantischen Kategorientafel / hervorho-

ben, muß man aber auch Ernst damit machen: die Einheit müßte vorangehen,

mit der „ S y n t h e s i s “ m ü ß t e b e g o n n e n w e r d e n . Soll Getrenn-

tes (und gar Gegensätzliches) geeint werden, dann muß die Einheit schon v o r -

h e r in ihnen angelegt sein. Die Einheit muß sich auslegen, a u s g l i e d e r n ,

Teile, welche schon vorher da wären, können nachträglich nur zusammengeleimt,

niemals zur Einheit gebracht werden. Ist dem so, dann beginnt man in Wahrheit

mit dem Höheren, Umfassenderen — dem Ganzen. Damit wird aber die „Setzung“

zur „Ausgliederung“. Nicht mehr von u n t e n h i n a u f geht dann der Set-

zungsgang, sondern von o b e n h i n a b vollzieht er sich — als ein Gang der

Ausgliederung! Nicht mehr eine (wenn auch nur begrifflich, nicht zeitlich ge-

dachte) Aufeinanderfolge oder Reihenfolge von Setzungen, Gegensetzungen usw.,

sondern eine Gegenseitigkeit der Setzungen, ein Gliederbau von Setzungen ist es,

den wir vor uns haben.

Hinsichtlich der G e g e n s ä t z e in der Dialektik ist entscheidend, daß aus-

schließende (kontradiktorische) Gegensätze in Wahrheit nicht dialektischer Na-

tur sind, weil sie niemals die ein Anderes hervorbringende Triebkraft haben

könnten. Rein kontradiktorische Gegensätze, solche die sich ausschließen, wie