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liche (Religion, Wissen, Kunst) ist vor dem Abgeleiteten; beides vor dem Han-

deln

1

.

Ungerecht ist dagegen der Vorwurf, den man gegen Hegel erhob, er vernichte

das I n d i v i d u u m . Sein Wort von der „Marotte des Selbstdenkens“ ist be-

rechtigt. Denn der Einzelne denkt nur in Gemeinschaft und denkt nur Objektives

— grundsätzlich nicht rein subjektiv! — Nicht ganz mit Unrecht angefochten wird

dagegen Hegels Satz: „Das ist die L i s t d e r V e r n u n f t zu nennen, daß sie

die Leidenschaft für sich wirken läßt, wobei das, durch was sie sich in Existenz

setzt, einbüßt und Schaden leidet.“ Der Einzelne gliche da einer ausgepreßten Zi-

trone, die nach Gebrauch vom Schicksal („List der Vernunft“) weggeworfen

würde, die Persönlichkeit wäre nicht. Ähnlich, aber vorsichtiger, sagt dagegen

Goethe zu Eckermann: „Der Mensch muß wieder ruiniert werden. Jeder außer-

ordentliche Mensch hat eine gewisse Sendung, die er zu erfüllen berufen ist; hat

er sie vollbracht, so ist er auf Erden in dieser Gestalt nicht weiter vonnöten und

die Vorsehung verwendet ihn wieder zu etwas anderem.“

4.

Das V e r h ä l t n i s H e g e l s z u F i c h t e ist dadurch bezeichnet,

daß Fichte, wenn er auch die allgemeine Vernunft, das allgemeine Ich, meinte, tat-

sächlich das Ich doch sehr subjektiv behandelte (erst mit der „Bestimmung des

Menschen“, 1800, wird die Subjektivität völlig durchbrochen), während Hegel

stets e i n e ü b e r i h r O b j e k t ü b e r g r e i f e n d e S u b j e k t i v i t ä t

(so wollen wir es ausdrücken) voraussetzt. In diesem Fortschritte über Fichte

hinaus war allerdings S c h e l l i n g mit seiner Natur- und Identitätsphilosophie

Hegeln schon vorangegangen, aber die systematische Durchführung gab erst

Hegel. /

5. Die S c h u l e H e g e l s

beherrschte das deutsche Geistesleben bis in die dreißiger Jahre. Nach des Meisters

Tode spaltete sie sich aber in zwei Richtungen: die „Rechte“, welche metaphysisch

und theistisch blieb und die wahre Überlieferung festhielt: G e o r g A n d r e a s

G a b l e r , P h i l i p p C o n r a d M a r h e i n e k e , C a r l D a u b , C a r l R o -

s e n k r a n z , C a r l F r i e d r i c h G ö s c h e l , J u l i u s S c h a l l e r; die pan-

theistische „Linke“, auch Junghegelianer genannt, welche bald in Positivismus und

sogar in Materialismus ausartete: C a r l L u d w i g M i c h e l e t , D a v i d

F r i e d r i c h S t r a u ß , B r u n o B a u e r , L u d w i g F e u e r b a c h , K a r l

M a r x und andere.

Ferner sind zu nennen die aus Hegels Schule entsprossenen Geschichtsschreiber

der Philosophie: A l b e r t S c h w e g l e r , E d u a r d Z e l l e r , K u n o F i -

s c h e r , J o h a n n E d u a r d E r d m a n n , L u d w i g N o a c k .

Weitere Schüler siehe unter den sogleich folgenden S p ä t i d e a l i s t e n .

6.

D e r S p ä t i d e a l i s m u s

Aus den Lehren Fichtes, Schellings, Hegels und Baaders ging im

nachfolgenden Geschlechte eine gereifte Philosophie hervor, die

1

Vgl. mein Buch: Gesellschaftsphilosophie, 2., durchgesehene Aufl., Graz

1968, S. 117 ff., 173 ff. und 233 ff. (= Gesamtausgabe Othmar Spann, Bd 11).