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[272/273]

und reiner Subjektivismus. Wir haben damit einen s k e p t i s c h -

s u b j e k t i v i s t i s c h e n A u s g a n g s p u n k t , der teils zum

Empirismus hinlenkt, teils ihm doch auch widerspricht (insoferne er

nämlich die Sinneswahrnehmung auch bezweifelt), teils endlich

trotzdem das Metaphysische anerkennt. — Dieser Zweifel ist zu-

gleich der Wille, mit allem, was vorher philosophiert wurde, zu bre-

chen. Hätte Descartes Wort gehalten, wäre er von seinem Aus-

gangspunkte richtig fortgegangen, dann wäre ihm unseres Erach-

tens nichts geblieben als das kindlichste Vonvorneanfangen, die

schwarze Leere. Das war denn auch nicht durchführbar. Descartes

griff trotz alledem auf die Schätze der früheren Philosophie unbe-

kümmert zurück. Soviel erreichte er indessen: der Wille zum Sich-

losreißen von aller Überlieferung wurde zum Vorbilde für Spätere,

die G e s c h i c h t s l o s i g k e i t , das Nichtanknüpfenwollen an

Früheres wurde zum Grundsatz gemacht. Geistesgeschichtlich hat

das ungeheuer nachgewirkt. Noch heute leidet die Geisteswissen-

schaft an diesem, mit allem Subjektivismus, Skeptizismus, Rationa-

lismus, Empirismus unheilvoll verbundenen Grundsatz.

Der nächste Schritt Descartes’ war noch folgerichtig. Womit fange

ich selbst an, wenn ich alles verneint und bezweifelt habe? Mit

nichts anderem als daß i c h überhaupt sei, mit nichts anderem als

mit meinem eigenen Sinn, allein mit mir selbst! Und dieses Sein

folgt, so sagt er, / aus meinem Denken. — Damit ergibt sich:

(1) abermals der S u b j e k t i v i s m u s , der Anfang mit dem Ich;

und (2) der R a t i o n a l i s m u s , der Anfang mit dem Denken.

Sowohl der rationalistische wie der skeptisch-subjektivistische An-

fang ist in sich geschichtslos. Es liegt darin eine Ablösung des Ein-

zelnen von der G e m e i n s c h a f t u n d d e r G e s c h i c h t e ,

also Vorbereitung des späteren gesellschaftlichen I n d i v i d u a -

l i s m u s .

Ehe wir weitergehen, fragen wir nach der Richtigkeit des Bishe-

rigen. Da zeigt sich nun: erstens der Beginn mit dem eigenen Ich

als mit einem reinen, abgelösten Subjekte ist unrichtig. Denn in

Wirklichkeit steht der Einzelne nicht abgelöst, sondern in der Ge-

meinschaft, das heißt vor dem Einzelnen noch steht die Gezweiung

1

.

Zweitens ist es verkehrt, den Zweifel durch einen S c h l u ß („also

1

Siehe oben S. 191.