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Haltung er entspricht, welcher E i n g e b u n g s g r u n d l a g e er
entspringt.
Daß Descartes mit dem Zweifel begann, damit tat er, als ob vor
ihm nichts gewesen wäre und kein Denker der Vorzeit bestanden
hätte, und das machte wieder den größten Eindruck auf die Zeit,
denn sie wollte sich, gleich wie in der Physik Galileis und Newtons
und der staatlichen Revolution von 1789, von der Vergangenheit lö-
sen und alles neu beginnen. — Ähnlich erklären sich auch Spinozas
Erfolge in der Geistesgeschichte mehr dadurch, daß er den empiri-
stischen und rationalistischen Bestrebungen jener Zeit mit ihrer
Sucht nach Auflösung alles Bestehenden entgegenkam. Der Grund-
zug der Philosophie seit Cartesius ist mit einem Worte: für 1789
mehr oder weniger unmittelbar oder mittelbar gearbeitet zu haben.
Gerade das konnten diese Lehrgebäude nur durch Mischungen me-
taphysischer und empiristischer Systemgedanken erreichen. Denn
für den vollen Radikalismus waren die Zeiten damals noch lange
nicht reif.
Die Mischungen kennzeichnen sich deutlich als solche Systeme, die
von der wahren Philosophie ausgeschieden werden müssen. Wer sich
darüber verwundert, möge bedenken, daß das Unholdentum nie
ausgestorben ist in der Geschichte und daß es gerade die Aufgabe
des Geschichtsschreibers ist, es beim richtigen Namen zu nennen und
bannen zu helfen.
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VII. Rückblick auf den gesamten Idealismus
A.
Die h ä u s l i c h e n Z w i s t i g k e i t e n d e r i d e a l i -
s t i s c h e n L e h r g e b ä u d e
Jene Verschiedenheiten, die zwischen den großen Richtungen des
Idealismus, diesen im weitesten Sinne genommen, bestehen, haben
wir bereits früher durch die Unterscheidung des Apriorismus, der
Setzungslehre und des entfalteten Idealismus bestimmt. Der Aprio-
rismus erwies sich als ein Übergangssystem, dessen Vorzüge und
Nachteile sich aus seiner Übergangsstellung ergeben. Die Setzungs-
lehre ist echter Idealismus. Sie geht um einen mächtigen Schritt
weiter, kann aber den Durchbruch zur Ontologie noch nicht voll-