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sen sind. Wie das begriffliche Denken ohne ein Mystisches am
Grunde nicht möglich ist, so auch die Welt. Ohne den mystischen
Grund müßte die Welt in richtungslose Vielheit auseinanderfallen.
Ohne Ganzheit kein Glied. Die Ganzheit aber ist schon das My-
stische. Dagegen ist nichts haltloser als die Atomistik, welche die
Welt ohne den inneren Grund der Ganzheit denken, alles in das
Getrennte, Diskrete, Mittelbare auflösen will. Das atomistische Den-
ken ist das schlechthin unmystische — aber gerade dieses Denken
macht den Gegenstand, den es im Begriffe fassen will, undenkbar.
Denn es verliert das Unmittelbare des Gegenstandes, auf dem sich
sein Mittelbares erst aufbauen soll.
Gegen unsere Auffassung, in allem Schauen, in aller Unmittelbarkeit das Mysti-
sche zu finden, wird man vielleicht die berühmte Begriffserklärung, die Görres
seiner „Christlichen Mystik“ voranstellte, anführen: „Die Mystik ist ein Schauen
und Erkennen unter Vermittlung eines höheren Lichtes, und ein Wirken und Tun
unter Vermittlung einer höheren Freiheit.“
1
An dieser Begriffsbestimmung wäre
auszusetzen, daß von einer „Vermittlung“ des höheren Lichtes gesprochen wird,
wo doch gerade die Unmittelbarkeit das Mystische kennzeichnet. Indessen ist das
nur ein Mangel des Ausdruckes, insoferne man eben so gut setzen könnte „ein
Schauen im höheren Licht“, „ein Tun aus höherer Freiheit“. Aber auch das
„höher“ bedarf in dem Sinne der Erläuterung, daß eine geschlossene Stufenfolge
von den gewöhnlichsten bis zu den höchsten Zuständen führt und diese alle ein
Unmittelbares, ein Schauen, am Grunde haben.
B. Die E i n w ä n d e g e g e n d i e M y s t i k
Man kann drei grundsätzliche Einwände, die alle Mystik über-
haupt treffen wollen, unterscheiden: erstens den Einwand vom
Standpunkte der Wissenschaft, wonach ein Gegensatz von Schauen
und Wissen bestehe, daher das Schauen keine Wissenschaft be-
gründe; zweitens den Einwand vom Standpunkte der Sitten- und
Gesellschaftslehre, wonach ein Gegensatz von Schauen und Handeln
bestehe, daher das schauende Leben, das die Mystik verlange, dem
sittlichen Leben, das auf das Handeln gehe, widerspreche; endlich
drittens den Einwand vom Standpunkte der Metaphysik, wonach
die Mystik den Gegensatz von Schöpfer und Geschöpf verwische
und dadurch zum Pantheismus führe.
1
Johann Joseph von Görres: Die christliche Mystik, Bd 1, Regensburg 1879,
S. 1.