Table of Contents Table of Contents
Previous Page  6049 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 6049 / 9133 Next Page
Page Background

[325/

326]

365

etwas Letztes in der Seele hingedeutet, das was M e i s t e r E c k e -

h a r t und die anderen Mystiker weniger von seiten eigener Tätig-

keit her auf fassen, als von der Seite her: daß es von einem Höheren

umfaßt, angeregt, befruchtet wird, von Gott. Eckehart und andere

Mystiker nennen es den G r u n d der Seele. Dieser Grund ist das,

was vor den Kräften oder Gestaltungen der Seele liegt, wie ja auch

das, was sich setzt, vor den Setzungen und deren Gestalten liegt.

Diesen Seelengrund nennt Eckehart auch das „Haupt“, das Wesen

der Seele, die Hütte des Geistes, das Kleidhaus Gottes, das Gottes-

bild, imago, mens, Gemüt, gansterlein, Synteresis, meistens aber

Licht und Fünklein.

Das Wort „Licht“, „Fünklein“ ist nicht nur bildlich zu nehmen,

als der Punkt, von dem alles Lebensfeuer ausgeht, sondern auch und

sonderlich wörtlich als das im Innern geschaute Licht, das in der

Seele glimmt, von dem die Mystiker aller Zeiten melden.

„Dieses ist das Fünklein der Seele, das da geschaffen ist von Gott und ein Licht

und ein Bild göttlicher Natur.. .“

1

„Denn eine Kraft ist in der Seele, die hat

nichts gemein mit keinem Dinge. Denn nichts ist in der Kraft, denn allein Gott

leuchtet bloß in sie.“

2

— „Wo von weißt du das? Siehe, das merke. Dein Herz

wird dicke berührt und gekehret von der Welt. Wie möchte das geschehen als lit

dieser Erleuchtung? (inlichtunge). Das ist so zart und so lüstlich, daß dich alles

verdrießt, was Gott oder göttlich nicht ist.“

3

„Die Seele hat auch ein Licht in ihr,

mit dem sie alle Dinge schöpfet.“

4

„Dieser Funke widerseit (widersteht) allen

Kreaturen ... und will nichts, denn Gott bloß, als er an ihm selber ist.“

5

„Zartnis“ (Vision) tritt zurück vor Erleuchtung in der Gottesgeburt. Je mehr

die Seele zunimmt in der Einung, um so minder sind die Einflüsse „unvernünftiges

zartes“

6

. Die Frage: „Denen ewiges Licht worden ist, stehen die in Zarte und

Visionen?“ beantwortet Eckehart: „Ich sage dir fürwahr: Nein! Wie die Sterne

untergehen vor der Sonne, alsô g1at zarte unde visione abe, sô ewig licht geboren

wirt.“

7

/

Es ist eine weitere Lehre der Mystiker aller Zeiten, daß dieser

innerste Lebensgrund und Lichtfunke der Seele Gott verwandt sei.

Müßig ist hier alles Gerede über Pantheismus, müßig und fehl am

1 2 3 4 5 6 7

1

Meister Eckhart, herausgegeben von Franz Pfeiffer, Leipzig 1857, S. 113,

Zeile 33 (= Deutsche Mystiker des 14. Jahrhunderts, Bd 2). — Seither anastatische

Neudrucke, zuletzt Göttingen 1914.

2

Meister Eckhart, S. 138, Zeile 24.

3

Meister Eckhart, S. 12, Zeile 14.

4

Meister Eckhart, S. 231, Zeile 32.

5

Meister Eckhart, S. 193, Zeile 33.

6

Meister Eckhart, S. 642, Zeile 10.

7

Meister Eckhart, S. 633, Zeile 31 ff.; vgl. auch S. 633, Zeile 1 ff.