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fahren sind es, welche der Mystik, indem sie auf das Schauen hin-

drängt, drohen: erstens falsche Weltflucht, zweitens Subjektivierung.

Die Gefahr der Weltflucht ergibt sich daraus, daß das Schauen für

sich selbst eine Abkehr vom Handeln ist und ferner ein Hintersich-

lassen der Welt insoferne in sich schließt, als es auf die Ideen geht,

die in den Dingen sich darstellen, und nicht auf die Dinge selbst in

ihrer Äußerlichkeit und Weltlichkeit. — Die Gefahr der Subjekti-

vierung ergibt sich wieder aus der Unmittelbarkeit. Jede Einkehr in

das eigene Innere hat die Gefahr in sich, das Handeln aus dem Un-

mittelbaren, das heißt aus dem Erlebnis in seiner subjektiven Form

zu begründen, daher das Unmittelbare, das Geschaute, nicht als

Grund einer gegenständlichen, überpersönlichen Ordnung zu fassen,

so daß der Schauende diese objektive, überpersönliche Ordnung

überspringt.

Platon hat diese beiden Gefahren jeder mystischen Sitten- und Gesellschafts-

lehre vermieden. Einerseits ist die Schau der Ideen wohl eine Abkehr von den

Dingen; andererseits ist das Handeln selbst nichts anderes als eine Verwirklichung

der Idee. Handeln beruht also auf Ideenschau. Durch die Anknüpfung an die Ideen-

lehre erscheint die Sittlichkeit als ein objektives Gebäude. Die Sittlichkeit wird

nicht vom Subjekt aus, nicht aus dem unmittelbaren Verhältnisse zur Gottheit im

mystischen Leben abgeleitet. Damit ist die Weltverneinung (schlechte Askese) ver-

mieden. Die Welt wird überhöht, nicht verneint. Die Hinkunft zum Innern des

Dinges ist zugleich Hinkehr zur Idee und damit entsteht die Forderung einer

Darstellung der Idee im Handeln. Sokrates betet: „O lieber Pan und Ihr Götter,

die Ihr sonst zugegen seid, verleiht mir schön zu sein im Innern und daß, was ich

Äußerliches habe, dem Innern befreundet sei.“

1

Das Äußere soll eine Darstellung

des Innern sein, soll den Ideengehalt der Dinge verwirklichen. Innerlichkeit und

Äußerlichkeit sind zu einer Einheit zusammengefaßt.

Darum geht Platons Sittenlehre von der Gesamtgemeinschaft, vom / „Staate“

aus und nicht von besonderen Erlebnissen, Schauungen oder einem subjektiven

sittlichen Apriori und Imperativ Kants. Darum folgt auch die Tugend- und Seelen-

lehre dieser Gemeinschaftslehre

2

. Vergottung ist auch Ziel der Gemeinschaft.

Die Verähnlichung des Menschen mit der Ideenwelt, zuletzt mit ihrem Grund,

Gott, erscheint als höchstes Ziel des Lebens, darum auch als Wesenskern der

Gemeinschaft, des Staates.

Wir haben die Hauptpunkte der Platonischen Mystik hervorge-

hoben, um die Fragen und Denkaufgaben zu zeigen, welche die

Mystik zu lösen hat. Die Denkmittel Platons werden auch von den

anderen Mystikern verwendet. Sie gehen ähnliche Wege und er-

1

Platon: Phaidros, Ende.

2

Siehe oben S. 194.