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Eine nähere Darstellung der Sitten- und Gesellschaftslehre Meister

Eckeharts ist hier nicht an ihrem Orte. Es genügt hervorzuheben,

daß Meister Eckehart die Gefahr der tatenlosen Ergebung (Quietis-

mus) überwindet und für ein Handeln in dieser Welt der Äußerlich-

keit, in der uns nicht bestimmt ist, im Schauen zu leben, eintritt.

Aber alles Handeln muß aus Schauen kommen.

„Gott, der meint in der Einigkeit der Schauung die Fruchtbarkeit der / Wir-

kung.“

1

„Dazu sind wir gesetzt in diese Welt, daß wir von zeitlichem, vernünf-

tigem Gewerbe Gott näher und gleicher werden.“

2

„Gott ist kein Zerstörer der

Natur, sondern er vollbringet sie.“

3

— Die ganze Marthapredigt verlangt das

„von innen geübte“ Gewerbe.

4

„Die Gott dienen um Lohn mit äußeren Werken, denen soll gelohnt werden mit

geschaffenen Dingen als Himmelreich und himmlische Dinge. Die aber Gott dienen

mit innerlichen Werken, denen soll gelohnt werden mit dem, das ungeschaffen ist,

das ist mit den Werken der heiligen Dreifaltigkeit.“

5

„Alle Kreaturen suchen et-

was Gott Gleiches; so sie je schnöder sind, so sie je auswendiger suchen.“

6

„Darumbe enkan daz ûzer werc niemer deine gesîn, ob daz inre grôz ist.. .“

7

Über den F ü h r u n g s g e d a n k e n siehe oben Seite 383. Je mehr der

Mensch alle Kreaturen zu Gott bereitet, um so mehr, so dürfen wir erläutern, ist

er Führer des Alls, um so mehr auch Führer der andern Menschen.

Nun ein anderer wichtiger Punkt! Zum Wirken gehören L e i -

d e n . „Ich spreche, daß nach Gott nie war kein Ding, das edler sei

denn Leiden.“

8

„Ich spreche, daß nie kein Ding war, das den Men-

schen Gotte so gleich möchte machen, als Leiden.“

9

„Das schnellste

Tier, das Euch trägt zur Vollkommenheit, das ist Leiden.“

10

Darum:

„Der gute Ritter klaget seiner Wunden nicht, so er den König an-

sieht, der mit ihm verwundet ist.“

11

Meister Eckehart überspringt die Gemeinschaft nicht, er bejaht sie

1

Meister Eckart, herausgegeben von Franz Pfeiffer, Leipzig 1837, S. 18,

Zeile 32.

2

Meister Eckhart, S. 49, Zeile 29.

3

Meister Eckhart, S. 18, Zeile 5. — Siehe oben S. 379.

4

Meister Eckhart, S. 49, Zeile 22.

5

Meister Eckhart, S. 510

,

Zeile 29—33.

6

Meister Edchart, S. 255, Zeile 25.

7

Meister Eckhart, S. 435, Zeile 27. — Wie ähnlich wieder die Bhagavadgita,

II, 47: „Dein Beruf ist es freilich, das Werk zu tun, nicht aber nach seinen

Früchten zu streben. Laß nicht die Frucht der Werke deinen Beweggrund sein,

aber verfalle auch nicht in Untätigkeit.“

8

Meister Eckhart, S. 337, Zeile 26.

9

Meister Eckhart, S. 338, Zeile 38.

10

Meister Eckhart, S. 492, Zeile 23.

11

Meister Eckhart, S. 184, Zeile 12.