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und bejaht auch mittelbar die ständischen Unterschiede. „Was ist

gut? Das sich gemeinet“ (vergemeinsamet)

1

.

V.

Die Übereinstimmungen der Mystik

A. G o t t e s l e h r e

Wie alles Begriffliche, so finden wir selbst den Gottesbegriff in der

Mystik verhältnismäßig wenig ausgebildet. Die grundsätzliche

Übereinstimmung der Mystiker untereinander und mit den ideali-

stischen Systemen aber ist nicht schwer zu erkennen. Die verbreitete

Meinung, daß die mystische Gottheit ein „unpersönliches Weltprin-

zip“, ein „Unpersönlich-Allgemeines“ sei, ist falsch und verkennt

das mystische Erlebnis.

Für P l a t o n ist Gott das Maß aller Dinge, für A r i s t o t e -

l e s der unbewegte Beweger. Auch Meister Eckehart lehrt vom un-

bewegten Be- / weger. Er spricht vom einfältigen Grunde der Gott-

heit, in den das Fünklein dringt. „Dieser Grund ist eine einfältige

Stille, die in ihr selber unbeweglich ist, und von dieser Unbeweg-

lichkeit werden bewegt alle Dinge und empfangen alle Leben.. .“

2

Auch die B h a g a v a d g i t a lehrt den unbewegten Beweger.

„Ich beharre und trage mit einem Teile von mir die ganze Welt der

Lebenden.“

3

Ungeteilt wohnt das Brahman in den Wesen und

doch als wäre es geteilt

4

. — In der Brihad-Upanishad heißt es:

„ . . . er geht ein in das höchste Licht und tritt hervor in eigener Ge-

stalt“: Das U n t e r t a u c h e n i n G o t t i s t k e i n Z e r -

f l i e ß e n

i m

U n p e r s ö n l i c h - A l l g e m e i n e n ,

viel-

mehr eine Reinigung zur Erlangung der eigensten, gottgeborenen

Persönlichkeit, die u n s t e r b l i c h ist.

Die einzige Abweichung, die ich feststellen konnte, ist der Begriff Gottes als

Geist bei P

1

o t i n. Nach Plotin ist es nicht das Ureine, welches überfließend

sich selbst reflektiert; sondern erst das übergeflossene Wesen ist es, welches auf

das Ureine z u r ü c k s c h a u t und dadurch Geist wird. Anders Platon, der im

1

Meister Eckhart, S. 269, Zeile 21.

2

Meister Eckhart, S. 94, Zeile 6.

3

Bhagavadgita, X, 42, nach: Paul Deussen: Sechzig Upanishad’s des Veda,

3. Aufl., Leipzig 1921.

4

Bhagavadgita, XIII, 6.