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andere. Aber die Deutung ist ein Streit um den Gottes b e g r i f f .

Sie spielt sich also in einer anderen Ebene ab als in der des über-

sinnlichen Bewußtseins, in der Gedankenebene. Glaube w i r d nur

an Wissen, daher die Glaubens l e h r e , das „Dogma“, eine notwen-

dige Erscheinung aller Religionen ist; Glaube wird auch an Kunst,

daher ebenso notwendig das S i n n b i l d l i c h e jeder Religion,

wozu auch der M y t h o s gehört (der daher wesensgemäß in keiner

Religion gänzlich fehlt); Glaube wird endlich durch Wissen und

Kunst hindurch auch an Handeln, durch dieses hindurch an der

Sinnlichkeit und an jeg- / licher anderen Geistesstufe vermittelt

und bewährt, daher das Lebensbestimmende, sittlich Eingreifende

des Religiösen

1

.

d.

Die O f f e n b a r u n g

Von hier aus öffnet sich der Weg auch zur höchsten Tatsache der

Religionsgeschichte, wonach sich jede Religion auf O f f e n -

b a r u n g stützt. Das Ahnungsvolle, Unbestimmte, das mit dem

übersinnlichen Bewußtsein als dem Anzeiger des Enthaltenseins in

einem Höchsten verbunden ist, die Bestimmung dieses Bewußtseins

an späteren Stufen, die zur Verpersönlichung führt: lassen es ver-

stehen, daß das Geahnte die Form persönlicher Eingebung, Er-

leuchtung annimmt. Jede echte Erleuchtung aber ist Offenbarung

im weiteren Sinne. Da sich nun das Aufzunehmende stets nach der

Fassungskraft des Aufnehmenden richtet, die Erleuchtung daher

nach der Person und der Kultur, so versteht sich daraus, daß auch

die religiöse Offenbarung keineswegs gleich sein könne, vielmehr in

gewissem Rahmen verschieden sein müsse.

e.

R ü c k b l i c k

Indem wir die Grundhaltungen der Religionen aus der Art des

Enthaltenseins des subjektiven Geistes in der höchsten Ganzheit

erklären, gewinnen wir eine Formenlehre der Religionen, welche

uns die einfachsten Schlüsselbegriffe für die Religionsgeschichte lie-

fert: Die Mystik (welche das Besondere und Dogmatische aller Reli-

gionen am weitesten hinter sich läßt), der Polytheismus, der Mono-

1

Vgl. über den Vorrang des Glaubens unten S. 158 ff.