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daher eine in sich selbst konkretisierte Verwirklichung findet, ist

die geistige Gemeinschaft oder Gezweiung.

Das Wesen der Gezweiung habe ich in so vielen Büchern und

Vorträgen auseinandergesetzt, daß es hier nicht wiederholt werden

kann

1

. Darum mögen die folgenden Hinweise zur Klarstellung

des Grundsätzlichen genügen.

Genetisch steht die Gezweiung an der Spitze des Bewußt-

seins. Das Erwachen des inneren Menschen ist nicht, wie die empiri-

stische Lehre annimmt, mit Sinneseindrücken, sondern vielmehr mit

der geistigen Gemeinschaftsbildung, der Gezweiung, gegeben! Der

Geist des von anderen Menschen getrennten Kindes, selbst wenn er

hinlänglich Sinneseindrücke / hätte, kann sich nicht entwickeln,

wofür Kaspar Hauser — der, bis in die Jünglingsjahre einsam ge-

füttert, mehr als ein Tier denn ein Mensch aus dem Kerker gezogen

wird — nicht das einzige Zeugnis bildet.

Um die Bedeutung der Gezweiung für das neugeborene Kind

richtig zu beurteilen, muß man bedenken, daß schon zum bloßen

A u f f a s s e n der Sinneseindrücke, also z. B. zum Auffassen von

„Rot“, höhere geistige Tätigkeiten einsetzen müssen (wie später

noch genauer nachgewiesen wird

2

). Diese höheren Geistestätig-

keiten sind selbst nicht von Sinneseindrücken ableitbar, sie können

daher auch niemals, wie der Sensualismus behauptet, aus der bloßen

„Ansammlung“ von Sinneseindrücken kommen. Die Sinnesein-

drücke allein sind in sich leer, weil noch ungedeutet, geistig unge-

formt! Vielmehr muß das Bewußtsein — auch genetisch gesehen —

mit einer g e i s t i g e n Tat beginnen. Und diese ursprüngliche

geistige Tat ist: das unmittelbare Innewerden des geistigen Zu-

standes des anderen Menschen, die Gezweiung.

Die erste Geistestat des Kindes vollzieht sich in der Gezweiung.

Wenn die Mutter das Kind anlächelt, liebkost, tröstet, macht es eine

bestimmte innere Erfahrung. Da fallen die ersten Lichtstrahlen in

sein Bewußtsein. Dieses Anlächeln, Liebkosen, Trösten ist es, was

die ersten inneren geistigen Regungen im Menschen e r w e c k t

und dadurch einen Ausgangspunkt für alle weitere Entwicklung

1

Vgl. Gesellschaftslehre, 3. Aufl., Leipzig 1930, S. 113 fr.; Gesellschafts-

philosophie, München 1928, S. 63 ff.; Kategorienlehre, Jena 1924, S. 261 ff.

[2. Aufl., Jena 1939, S. 274 ff.].

2

Vgl. unten S. 126 f.