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1. Ursprünglichkeit und arteigene Bestimmtheit des Erlebnisses,
was im Vergleiche zu dem Glaubensbewußtsein, das in sich selber
nicht bestimmbar, nicht konkretisierbar erschien, neu ist;
2.
Gegenseitigkeit der Bewußtseinstatsachen im ontologischen
Sinne, das heißt: ein geistiges Aneinander-Werden findet in / der
Gezweiung statt (nicht ein Allein-Tun der Geister, die n a c h -
t r ä g l i c h in „Beziehung“, in Hinordnung zueinander träten,
denn sie w e r d e n erst in dieser Hinordnung); aus diesem
Grunde:
3. Gliedhaftigkeit als durchgängige Wesenheit des subjektiven
Geistes oder was dasselbe von anderer Seite her gesehen ist:
4.
Enthaltensein in der Gezweiung. Und das reine Bewußtsein
dieses Enthaltenseins ist L i e b e . Liebe ist Einerleiheitsbewußtsein
des einen Geistes mit dem andern.
Zu 1: U r s p r ü n g l i c h k e i t . Über diesen Punkt haben wir
uns schon hinlänglich ausgesprochen
1
. Es verbleibt nur noch der
Hinweis, daß nun die Gründe für das Mißlingen aller sensualisti-
schen und individualistischen Ableitungsversuche des „Du-Erleb-
nisses“ aus „Analogieschlüssen“ (die das Ich auf Grund seiner Erfah-
rungen machen soll) offenbar sind. Das Ursprüngliche, das Arteigene
kann nur unmittelbar gegeben sein oder gar nicht. Der Seelen-
blinde, so lehrt denn auch die Erfahrung, stößt mit seinen „Schlüs-
sen“ nicht zum Mitgefühl, zum Du vor. Auch hier erkennen wir,
daß der Erfahrungsseelenlehre durchaus die Begriffsmittel fehlen,
um das „Du-Erlebnis“ zu begründen. Der Sensualismus kommt
grundsätzlich über den Subjektivismus, ja über den S o l i p s i s -
m u s (die Lehre, daß der Einzelne allein bestünde, alles andere
nur seine Empfindung sei) nicht hinaus! Erst der Begriff der Glied-
haftigkeit des subjektiven Geistes ermöglicht das. Damit sind auch
sämtliche neueren Schulen der Seelenlehre, die zuletzt alle noch am
Sensualismus haften, gerichtet.
Zu 2: G e g e n s e i t i g k e i t . Die Gegenseitigkeit des geistigen
Werdens, die in der Gezweiung liegt, ist von uns gleichfalls oft
genug erörtert worden, so daß sich eine weitere Begründung hier
erübrigt.
1
Siehe oben S. 36.