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tuellen Anschauung“, was nichts anderes heißt als „Eingebung“, die Eingebung im

gesamten geistigen Leben, daher auch im Denken stärker hervorgehoben als

alle anderen. Die „intellektuelle Anschauung“ ist bei Fichte nur das unmittel-

bare Innewerden des eigenen Selbstsetzungsaktes, während sie im Denken selbst

wohl kaum Platz finden kann. Schelling hob sie im Denken hervor, vermochte

sie aber systematisch nicht zu begründen. — Bei H e g e l trat die „intellektuelle

Anschauung“ wieder zurück. Da der wesenhafte Denkfortgang aber d i a l e k -

t i s c h begründet war, konnte dennoch in ihm wahrhaft Neues auftreten. Das

Neue war nicht auf die Verbindung jeweils schon gegebener Formen ange-

wiesen wie beim Sensualismus. Hegels Schüler Johann Eduard E r d m a n n sagt

darüber: „Als D e n k e n ist die Intelligenz wirklich frei, weil ihre Freiheit, nicht

bei Anderem

1

seiend (also determiniert), nur bei sich (also nur durch sich

determiniert) i s t . . . Indem das Wesen der Dinge erkannt wird durch den Ge-

d a n k e n , dieser aber doch nur Gedanken geben kann, ist der Gedanke

w i r k l i c h e (nicht mehr nur formelle) ... Einheit von Subjektivem und Ob-

jektivem

2

.“ Diese Einheit, so fügen wir hinzu, kann nur unmittelbar erfaßt

werden, ist also „intellektuelle Anschauung“. Auf die im Beisichselbstsein des

Denkens gegebene Unmittelbarkeit ist also die „intellektuelle Anschauung“ bei

Hegel herabgemindert. — Dagegen entspricht

Baaders

„cogitor ergo cogito“.

3. Die Eingebung

Die Gründe, warum die bisherige Seelenlehre für die augen-

fälligste Grundtatsache alles menschlichen Innenlebens, diejenige,

die unter den Namen: Einfall, Eingebung, Vision, / geistiges

Schauen, intellektuelle Anschauung, Erleuchtung, Inspiration, In-

tuition, Divination bekannt ist, so wenig Verständnis fand, lagen,

wie sich zeigte, in dem Mangel an Begriffsmitteln zu ihrer Erfassung.

Die Ganzheitslehre hingegen gibt 1. mit ihrem Begriffe des

Enthaltenseins jeder niederen Ganzheit in einer höheren; 2. mit

dem damit verbundenen Begriffe des „Schaffens aus Geschaffen-

Werden“ die Mittel für das Verständnis der Eingebung an die Hand.

Der Begriff des „Schaffens aus Geschaffenwerden“ wird später er-

klärt werden

3

. Vorläufig nur folgender Hinweis: Ein „Schaffen“

des Geistes liegt vor, sofern der Geist die Eingebung verarbeitet;

ein „Geschaffenwerden“ dagegen, sofern er die Eingebung jeweils

empfängt, also durch sie zum eigenen Schaffen angeregt und in die-

sem Sinne erst geschaffen wird. Das eigene Schaffen (Verarbeiten)

1

Dem Objekte (Anmerkung von mir. O. S.).

2

Johann Eduard Erdmann: Grundriß der Psychologie, 4. Aufl., Leipzig

1862, § in.

3

Ausführlich entwickelt in meinem Buche: Der Schöpfungsgang des Geistes,

Jena 1928, S. 44 ff. und 219 f. — Vgl. unten S. 63 und öfter.