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Hier ergeben sich der alten Seelenlehre nun abermals Schwierig-

keiten. Denn sie glaubt, wenigstens den kleinen Einfall auf Assozia-

tion oder schlußfolgerndes Denken und dergleichen

1

noch zurück-

führen zu können. Sie brauchte dann nur der großen Eingebung

gegenüber nach einer Ausnahmestellung zu suchen (wie „blitz-

schnelles Schlußfolgern“ und dergleichen).

In Wahrheit genügt es nicht, zuzugestehen, daß großen Denkern

und Künstlern gewaltige Erleuchtungen kommen. Auch die kleinen

Einfälle derselben Künstler und Denker, schließlich die noch kleine-

ren des einfachen Menschen im alltäglichen Leben sind grundsätzlich

nichts anderes als die großen und größten! Das Denken ist immer

und überall, also auch in den kleinsten und selbstverständlichsten

Dingen angewiesen: 1. auf eine Eingebung, 2. auf ihre Verarbeitung.

Um das ganz zu verstehen, muß man sich, darauf stoßen wir immer

wieder, von den herkömmlichen Auffassungen des Denkens völlig

befreien. Wenn diese sagen, wir hätten die Vorstellungen, welche

die jeweiligen Einfälle bilden, schon in uns und würden sie nur

nachträglich miteinander neu „verbinden“, „erraten“ — dann ant-

worten wir, daß so das D e n k e n n i c h t v e r l a u f e !

Sind „Vorstellungen“ nur das, was sich aus Sinnesempfindungen ab-

leitet, so müssen wir behaupten: daß n i c h t „ V o r s t e l l u n -

g e n “ d i e e r s t e n G r u n d b e s t a n d t e i l e d e s D e n -

k e n s b i l d e n , s o n d e r n d a ß e s E i n g e b u n g e n s i n d ,

w e l c h e s i c h u n t e r a n d e r e m d u r c h V o r s t e l l u n -

g e n i m D e n k e n d a r s t e l l e n . Die Eingebungen gebrauchen

allerdings die Vorstellungen werkzeuglich zu ihrer Darstellung

(ebenso wie die Bestandteile anderer Geistesstufen

2

); sie bedienen

sich ihrer als eines bloßen Stoffes, aber sie sind nicht diese Vor- /

Stellungen, dieser Stoff selbst. Wie der „Denkverlauf“ von der Ein-

gebung aus gesehen wirklich sich gestalte, wird später zu betrachten

sein

3

.

Hier noch ein Beispiel, inwiefern auch Meine Eingebungen dem Denken

zugrunde liegen. Wer bewußt in ein Haus gehen will, muß das Haus nicht

nur „wiedererkennen“, wie die alte Lehre behauptet, für ihn muß die „Vor-

stellung“ Haus nicht nur Vorstellung mit „Vertrautheitscharakter“ sein (oder

1

Siehe oben S. 58.

2

Siehe oben S. 25 f. und öfter.

3

Vgl. unten S. 67 ff.