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wie man dies sonst noch bezeichnete) — das würde nichts nützen. Er könnte
b e w u ß t nicht in das Haus gehen! Um dies zu tun, muß er vielmehr den-
ken: „Ich gehe in das Haus“. Um dies aber denken zu können, muß ihm die
Eingebung vom W e s e n des Hauses gegenwärtig sein, nämlich als von einem
Dinge, in dem man wohnen, arbeiten, schlafen usf. könne. Setzen wir einen
ersten Urerfinder des Hauses, so ist es klar, daß ihm dies eine gewaltige Ein-
gebung war. Auch dem Kinde ist das keine kleine Entdeckung. (Keineswegs eine
„automatische Assoziation“ — das könnte es vielleicht für Tiere im Falle der
Dressur sein.) Der Spätere muß diese Eingebung in sich wieder zu erwecken
vermögen — dann erst kann er bewußt hineingehen! Wer z. B. plötzlich in
Irrsinn verfiele oder so sehr verblödete, daß er das Wesen des Bewohnens nicht
zu fassen vermöchte, könnte auch nicht mehr bewußt in das Haus gehen, und
zwar auch dann nicht, wenn er im sinnlichen Eindruck den „Bekanntheits-
charakter“ (gelb, viereckig usw.) hätte. (Durch „Dressur“ allerdings wäre es
möglich — aber dann läge kein Denken vor.)
Der Weg zur Eingebung ist die S a m m l u n g (Konzentration).
Je tiefer die Sammlung, umso tiefer die Eingebung. Denn umso
mehr wird der betrachtete Gegenstand allein den Geist ausfüllen,
umso mehr sich seinerseits der Geist in das Betrachtete versenken —
dann erst stellt sich die Eingebung ein, indem ein neues Licht dem
Geiste aufgeht, Neues sich ihm darbietet. Je zerstreuter, umso unbe-
deutendere Eingebungen. Dem zerstreuten, das heißt, s e i n e r
s e l b s t n u r w e n i g m ä c h t i g e n G e i s t e können sich nur
kleine Einfälle darbieten. (Auf die Sammlung werden wir noch wie-
derholt stoßen
1
.)
Was durch Sammlung im Eingebungsbewußtsein dem Menschen
aufgeht, die innere Anschauung des Denkens und des / künstleri-
schen Gestaltens, im weiteren Sinne auch des Liebens und Glaubens,
das wird sich uns als der i n n e r e U r z u s t a n d d e s G e i -
s t e s erweisen, zu dem er sich durch unablässiges geistiges Tun und
Streben erst heranbilden muß. In der Sammlung muß der Geist erst
sich selbst gewinnen.
Wir werden später die Ansicht begründen, daß die Eingebung grundsätzlich
Wahrheit an sich habe, alle Fehler nur ihrer Deutung und Verarbeitung angehö-
ren
2
. Dem Einwande, daß die Eingebung aber doch k ö r p e r l i c h e G r ü n d e
haben könne, antworten wir: Der Grund der Eingebung liegt im Geiste. (Dar-
über werden wir gleichfalls erst in späteren Zusammenhängen mehr zu sprechen
haben
3
.) Allerdings können aber auch rein körperliche Gründe für das, was
sich als Eingebung darstellt, mitbestimmend sein. Wenn erhöhter Blutzulauf
1
Vgl. unten S. 69, 71, 152 ff. und öfter.
2
Siehe unten S. 70 f.
3
Vgl. unten „Rückverbundenheitslehre“ und öfter.
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