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Verarbeitung zum Begriffsgebäude andrerseits nicht dasselbe sind.

Doch wird hiervon erst später zu reden sein.

Die Eingebung ist die urtümlichste, unentbehrlichste und stets

neu gespendete Gabe des Geistes. Nur wer sich die Allanwesenheit

und Unentbehrlichkeit der Eingebung im menschlichen Geiste klar-

macht, kann ihr eigenes Wesen, das des Erkennens und das Wesen

des Geistes verstehen.

Um das Große dieser Tatsache zu würdigen, muß man sich erst

(wir müssen wieder darauf zurückkommen) von den überkomme-

nen Anschauungen über die Eingebung befreien. Als / grundfalsch

stellte sich die empiristische Erklärung der Eingebung heraus, wo-

nach sie aus Wiedererzeugung und „Umbildung“ der Vorstellungen

(oder Sinneseindrücke), „schnellem Erraten“ halbvergessener Vor-

stellungsverbindungen und dergleichen mehr entstehen sollte. Dazu

käme noch eine Verlegenheitstheorie, die klägliche Annahme „frei-

steigender Vorstellungen“ (bei sonstiger assoziativer Gebundenheit

der Vorstellungen). Auch die heutige „Denkpsychologie“ bleibt im

Empirismus stecken, sie kennt zwar, wie sich zeigt, den zielstre-

bigen, „durch den Willen geordneten“ Vorstellungsablauf, läßt aber

den Willen selbst wieder determiniert sein (!) und überdies nur zu

den vorhandenen „assoziativen Reproduktionsgesetzen“ hinzutre-

ten. Sie kennt daher echte Eingebung ebenfalls nicht, die ja der

Vorstellung und auch dem Willen, dem „zielstrebigen“, schon zu-

grunde liegen müßte. Überdies stehen „Assoziation“ und „Ordnung

durch den Willen“ in unheilbarem Widerspruche. Und im Falle des

Determinismus wäre dieser willensmäßig geordnete „Vorstellungs-

verlauf“ sogar wieder naturgesetzlich, also ursächlich-mechanisch

bestimmt.

In welchem Verhältnis steht nun in Wahrheit die Eingebung zu

den aus der Sinnlichkeit stammenden Vorstellungen? Die Antwort

lautet, daß sie sich keinesfalls aus den im Geiste jeweils schon vor-

handenen Vorstellungen a b 1 e i t e, daß sie diese vielmehr herr-

scherlich als Stoff, als Werkzeug benütze. Die Eingebung arbeitet

mit dem Stoffe, den sie vorfindet, und mit keinem anderen. (Dieser

„Stoff“ ist aber selber kein assoziativ, sondern ein ganzheitlich be-

stimmter.) Äußerlich gesehen ist es daher richtig, daß die Eingebung

mit sinnlichen Bestandteilen überall durchsetzt sei, also äußere Er-

fahrung zur Voraussetzung habe. Aber 1. hat die Eingebung neben