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kann. Wenn diese herrschend wird, ist sie als eine Form der Gei-

steszerrüttung, des Irrsinns zu bezeichnen.

Die Bedeutung der „Annahme“ zeigt sich auch darin, daß alle

hochbegabten Menschen, welche ihren Einfällen nicht nachgehen, sie

also entweder nicht planmäßig annehmen oder sie nicht in mühevol-

ler Sorgfalt verarbeiten, den Anblick des „verwahrlosten Genies“

bieten. Aber auch jeder andere Fall von Vernachlässigung und Ver-

lotterung beruht darauf, daß man es entweder an der Annahme oder

an der rastlosen Weiterverarbeitung des Angenommenen fehlen

läßt.

Die Eingebung kann der Annahme verschiedene Möglichkeiten

vorzeigen. Das zu Schaffende bietet sich dem Geiste vielfach, gleich-

sam zur Auswahl an.

/

5.

Die Verarbeitung der Eingebung: das untergliedernde oder

begriffliche Denken (Formale Logik)

Die Eingebung schwebt zwischen dem Zustande, welcher noch

bloße Erfülltheit des Bewußtseins von einem Inhalte ist, und dem

andern Zustande, in welchem die klare Gegenüberstellung des Inhal-

tes vollzogen ist, dem Begriffe. Erst wenn das Eingegebene a) als

G e g e n s t a n d gefaßt, b) in Unter-Gegenstände, Teilgegenstände

g e g l i e d e r t wird, erst dann entsteht das durchgebildete Wissen,

der Begriff.

Dagegen ist die „Vorstellung“, von der die überkommene Lehre

so viel redet, nur ein untergeordneter Bestandteil des Begriffes. Und

zwar ist sie, wie früher bemerkt, nur die sinnliche Seite der Einge-

bung, sie dient ihr als Werkzeugliches Mittel. So gesehen, ist es be-

greiflich, warum die Vorstellung in der schlußfolgernden (syllogi-

stischen) Fortbildung und Verarbeitung der Eingebung mehr und

mehr hervortritt. Denn diese Fortbildung bedarf ihrerseits zusätz-

licher Bestimmungen (Konkretionen), also wieder neuer werkzeug-

licher, sinnlicher Mittel. Das zeigt sich denn auch in der praktischen

Denkarbeit daran, daß sich jeder, der neue Einfälle hat, nun erst

neue Kenntnisse anzueignen sucht, um nämlich diese Einfälle beson-

dernd und versinnlichend ausgestalten, verarbeiten zu können. Wer

z. B. eine Preistheorie durchführt, sucht Preisstatistiken und Markt-

erfahrungen heranzuziehen. Ebenso nach dem künstlerischen Einfall:

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