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81

6.

Die Artung der Eingebung begründet vornehmlich die jeweilige

Begabung des Menschen

Die Eingebungen bestimmen das gesamte höhere Geistesleben

des Menschen. Welche Eingebungen dem Menschen zu kommen

pflegen und für welche er sich erziehen und vorbereiten kann — das

ist es, was vornehmlich die Anlage oder Begabung des Menschen,

seine innere Verfassung ausmacht. Demgemäß ist es vor allem die

Lehre von den Eingebungen, wo diejenigen Untersuchungen, die

man in der jüngsten Zeit mit dem Namen „Charakterologie“ be-

legte, ihre Stelle finden. (Allerdings dürfen die anderen Stufen dabei

nicht übergangen werden.) Jede Charakterlehre muß auf einem

Lehrbegriffe der Begabung beruhen und jeder Lehrbegriff der Be-

gabung wieder auf einem Lehrbegriffe der Ausgliederungsordnung.

Dadurch ist erst eine Einteilung und Formenlehre der Begabung

möglich, denn in allen Stufen und Teilganzen zeigen sich arteigene

Fähigkeiten. Diese stehen aber nicht zusammenhanglos da, sondern

in sinngemäßen Entsprechungen zueinander.

Wenn wir sagen, daß die Begabungs- und Charakterlehre v o r -

n e h m l i c h an die Eingebungen anzuknüpfen habe, so denken

wir daran, daß die Begabung mit der Fähigkeit zum Glaubens- und

Gezweiungsbewußtsein über die sachlichen Eingebungen (für die

wir oben auf gelehrtem und künstlerischem Gebiete Beispiele gaben)

hinausgreift. Es liegt sogar am Tage, daß die Erlebnisfähigkeit des

Übersinnlichen und der Gezweiung die Grundlage der sachlichen

Eingebungen ist, denn alle höheren Eingebungsinhalte, wie Hel-

dentum, Treue, Liebe, Freundschaft, haben die Gezweiung am

Grunde, deren tiefstes Wesen aber insofern übersinnlicher Natur

ist, als sie die Einerleiheit der Gezweiten und die Hingebung in

sich schließt.

Uber diese Fragen wird die später zu entwickelnde Lehre von

den Vorrängen Aufschluß geben.

/

Der in der Eingebung auftretende Inhalt ist es nicht allein, der die

Begabung entscheidet. Denn die Eingebung muß schon in bestimm-

ter A u f f a s s u n g s w e i s e zur Annahme gelangen: entweder als

Gegenstand gewußt oder als Form gestaltet werden. Dieser Begriff

der Fassungsweise der Eingebung wird erst völlig klar, wenn wir

die nächste Stufe ins Auge fassen, die Kunst.

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