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das Kunstwerk. Siegfried als Begriff der deutschen Altertumskunde

und als Gestalt im Nibelungenliede, Faust als Begriff der Sittenlehre

und als Gestalt im Schauspiele, Ritter, Tod und Teufel als allgemeine

Begriffe und als Gestalten in Dürers Gemälde, der Schmerz als

Begriff der Seelenlehre und als Gestalt in Grünewalds Kreuzigungs-

bild des Kolmarer Altares — sind Beispiele für diesen Unterschied.

Er kehrt in der Verarbeitung wieder. Während die Verarbeitung

der als G e g e n s t a n d gefaßten Eingebung in der / Zerlegung

zu weiteren Gegenständen (Begriffen) erfolgt, so erfolgt die Ver-

arbeitung der als G e s t a l t gefaßten Eingebung in verjüngender

Untergliederung zu weiteren Gestalten, zu Teilgestalten. Wenn der

Künstler von seiner fortgestaltenden Arbeit in das reflektierende

Denken hinübergleitet, so verläßt er den Weg der Kunst, zerstört

er das Werk. Darum das Gebot Goethes: „Bilde, Künstler, rede

nicht!“

Weil die Gestaltung des Eingegebenen eine arteigene Tat des

Bewußtseins ist, so ist das Gestaltungsbewußtsein auch ein arteige-

nes Bewußtsein. Daher denn auch die herkömmliche Seelenlehre

vergeblich von der Farben-, Ton- und Rhythmenempfindung aus

oder von der „Komplexqualität“ oder den „Affekten“ aus an die

Kunst und das Schöne heranzukommen sucht. Das künstlerische

Bewußtsein ist nicht ableitbar, sondern ursprünglich.

Wenn der Ursprung des Kunstwerkes in der Eingebung liegt, so

ergibt sich von selbst, daß jede Philosophie der Kunst, welche eine

in der Eingebung hervortretende Idee (im Platonischen Sinne) an-

erkennt, mit unserer Geisteslehre übereinstimmt, nicht dagegen die

empiristischen Kunstlehren, welche, wie gesagt, die Kunst fälschlich

aus subjektiven Empfindungen, Gefühlen, Spiel, biologischen Vor-

aussetzungen und ähnlichem ableiten.

Die V e r s c h i e d e n h e i t d e r K ü n s t e erklärt sich, wie

bekannt, aus dem Stoffe, in dem sie sich bewegen (Wort, Ton,

Farbe und so fort). Je nach der verschiedenen Stoffwelt, die ihr

Gebiet ist, werden die Künste aber auch verschiedene, ihrer Stoff-

welt jeweils wesensgemäße Eingebungen darzustellen haben.

Daß die künstlerische Eingebung jeweils in ihrer eigenen Ebene

verarbeitet werde, das begründet zugleich den Unterschied zu den

früheren Stufen, nämlich zu Gezweiung und Andacht. Dieser Unter-

schied grenzt auch den Begriff der Eingebung ab. Er lehrt, warum