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G . W i l l e u n d V o r g e o r d n e t e s . W i s s e n u n d K u n s t
a l s G r u n d d e s H a n d e l n s i m b e s o n d e r e n
I n d e r praktischen Erziehungslehre ist es namentlich bei krank-
haften Zuständen immer zweifelhafter geworden, inwiefern eine
unmittelbare Erziehung der Willens- und Tatkraft überhaupt wirk-
sam sei. Auch die Seelenheilkunde erkannte, daß die unmittelbare
Einwirkung auf den Willen verhältnismäßig wenig fruchte, daß
vielmehr auf Geistesschichten, die hinter dem Willen liegen, zurück-
gegangen werden müsse. Bekannte Bestrebungen dieser Art knüp-
fen sich an den Namen C o u e
1
. Coué knüpft an ein von
Pascal gebrauchtes Beispiel an: In einem Zimmer könnte jemand
auf einem schmalen Brett leicht gehen; wäre aber dieses Brett von
Kirchturm zu Kirchturm gelegt, dann vermöchte er es nicht. Folge-
rung: Nicht der Wille, sondern die V o r s t e l l u n g (hier des
Abgrundes neben dem Brette) ist entscheidend für das Handeln. —
Dem ist grundsätzlich zuzustimmen, jedoch mit der wichtigen Ein-
schränkung, daß es sich in genauem Sinne nicht um „Vorstellung“,
sondern um das Vorgeordnete handle. Auch ist es unzureichend, die
Rolle der Vor- / Stellung hierbei im besonderen als „Suggestion“
zu bezeichnen, wie Coué tut (z. B. würde die Vorstellung „Mir
geht es immer besser und besser“ suggestive Heilwirkung haben).
Grundsätzlich muß das nicht „Suggestion“ sein, sondern es handelt
sich um die Lebendigkeit des Vorgeordneten überhaupt, um G e i -
s t e s s t ä r k e .
Der Grund, warum nicht nur der Wille selbst, sondern vor allem
das Vorgeordnete erzogen werden soll, ist klar, sobald man die
Stellung des Willens in der Ausgliederungsordnung erkennt. Denn
zieht der Wille nur die Summe aus den ihm vorgeordneten Bewußt-
seinsstufen, so muß die Erziehung vorerst auf diese wirken. Außer-
dem ist allerdings eine eigene Willenserziehung möglich und not-
wendig. Sie liegt einerseits auf geistigem Gebiete, wozu namentlich
die Erziehung zu ä u ß e r e r O r d n u n g und die Bildung för-
derlicher G e w o h n h e i t e n gehört, andrerseits auch auf leib-
lichem Gebiete, sofern ausdauernde Anstrengungen, Beharrlich-
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Emile Coué: Die Selbstbemeisterung durch bewußte Autosuggestion, deutsch
von Paul Amann, Basel 1925.