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gen, Nicht-Entwickeln der eigenen inneren Kräfte. Das geschieht

zunächst innerhalb des Eigenlebens des Ich (der Vita propria). Da

aber das Ich gliedhaft ist, wirkt es sich unmittelbar auf die Ge-

zweiung aus. W i l l e n s s t ä r k e , T a t k r a f t , r a s t l o s e T ä -

t i g k e i t dagegen ist einerseits die Folge innerer geistiger Reg-

samkeit, welche zu einem glühenden geistigen Gehalte führt, der

sich in Taten auszuwirken drängt, der G e i s t e s s t ä r k e (des

Gegenteils der Ohnmacht des Herzens); andrerseits eine große Aus-

wirkungskraft selbst. Der Wille, der in sich selbst stark ist und

dessen Vorgeordnetes stark ist, ist allein des H e l d e n t u m s

fähig. Auch B e h a r r l i c h k e i t u n d E r n s t des Willens

haben ihre Wurzeln weniger in ihm selbst als in Stetigkeit und le-

bendiger Vollgültigkeit jener geistigen Inhalte, welche ihm vorge-

ordnet sind und die Ziele des Handelns begründen. Das Gegenteil

des Ernstes ist das L a u n i s c h e u n d S p i e l e r i s c h e .

B e h a g l i c h k e i t u n d Ü p p i g k e i t dagegen deutet auf

Schwäche der vorgeordneten Geistesinhalte, insbesondere auch der

Gezweiung, oder bringt Sinnliches zur Herrschaft. Daher ist Stre-

ben nach E i n f a c h h e i t u n d S t r e n g e stets das Merk-

zeichen eines hohen Geistes. Einfachheit und Strenge der Lebens-

führung ist auch von der Gezweiung aus gefordert

1

. Bekannt ist,

wie sehr Goethe die Behaglichkeit zurückwies. — Das h i n g e -

b e n d e wie das s e l b s t s ü c h t i g e H a n d e l n hat seine Vor-

aussetzungen in der Gezweiung

2

.

Auch M u t , S t ä r k e , F o l g e r i c h t i g k e i t d e s W o l -

l e n s u n d H a n d e l n s , j a s o g a r S e l b s t b e h e r r -

s c h u n g gehören nicht dem Handeln allein, sondern wesentlich

den vorgeordneten Geistesinhalten an, insbesondere dem Gezwei-

ungsleben. Denn / kräftige, lebhafte Ausbildung der auszuwirken-

den Geistesinhalte und deren Stetigkeit sind Vorbedingungen von

Mut und Stärke. Ähnlich die L e i d e n s c h a f t l i c h k e i t d e s

H a n d e l n s , die aber zum Teil zur sinnlichen Voraussetzung des-

selben gehört, also ebenfalls nicht allein dem Handeln. Kräftiges

Handeln muß sich auf dem Grunde der Leidenschaft erheben, nicht

auf dem der Leidenschaftlosigkeit, welche zu S p i e ß b ü r g e r -

1

Siehe oben S. 49.

2

Vgl. oben S. 40 ff. und 47 ff.