Table of Contents Table of Contents
Previous Page  6269 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 6269 / 9133 Next Page
Page Background

[127/128]

115

Wie diese Verbindung zu erklären sei, ist eine uralte Frage. Nach

Erwägungen, die wir an einem anderen Orte anstellten und begrün-

deten

1

, ist die Sinnlichkeit als Folge der Verbindung des Geistes

nicht mit dem Stoffe selbst, sondern nur mit den immateriellen

Wurzeln des Stoffes zu erklären. Diese Verbindung schließt eine

gewisse Gegenseitigkeit in sich, weshalb wir sie andernorts als

„Gezweiung höherer Ordnung“ bestimmten. Sie schafft erst die

organische Leiblichkeit des Menschen und damit die Unterlage, das

Werkzeug der sinnlichen Empfindung. Doch werden wir auf diese

Tatsachen später wiederholt stoßen

2

.

Wir wenden uns zuerst den verschiedenen Arten der Sinnlichkeit

zu und unterscheiden, wie wir im folgenden begründen werden,

Instinkt, innere Sinnlichkeit, äußere Sinnlichkeit.

A. Das U n t e r s i n n l i c h e o d e r d e r I n s t i n k t

Noch bevor es im Werdegang des Menschen zu bestimmten und

bewußten Sinnesempfindungen kommt, ist ein allgemeiner, un-

greifbarer, in das Bewußtsein zum Teil nicht erhebbarer Natur-

drang oder Instinkt da. Entscheidend für die Erkenntnis seines

Wesen ist, einzusehen, daß er allgemeinere Grundlagen hat als den

Einzelnen. Zum Beispiel weist der Naturdrang, die geeignete /

Nahrung aufzunehmen und die ungeeignete zu meiden, ferner die

Mutterliebe, die geschlechtliche Wahlanziehung gebieterisch durch

den Einzelnen hindurch auf ein höheres Ganzes zurück. Dieses

höhere Ganze ist die leibliche G a t t u n g . In diesem Ursprunge

aus dem höheren Ganzen, der Gattung, erkennen wir zugleich den

Grund für die Dunkelheit oder, wie wir sagen wollen, Vorbewußt-

heit

3

des Naturdranges. Naturdrang oder Instinkt ist nicht eine

„Reaktion zur Wiederherstellung eines gestörten Gleichgewichtes“,

wie die alte Seelenlehre in darwinistischem und mechanistischem

Sinne behauptet. Er ist eine Tat der höheren Ganzheit im Einzel-

wesen, der Gattung. Und nur weil diese hinter ihm steht, ist und

1

Der Schöpfungsgang des Geistes, Jena 1928, S. 177 ff.

2

Vgl. unten S. 142 ff.

3

Über den Begriff des Vorbewußten Näheres erst in der Rückverbunden-

heitslehre.