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als leibliche Organe scharf voneinander geschieden und auch nicht
rein zahlenmäßig zu bestimmen. Es gibt nicht nur fünf Sinne. Faßt
man z. B. den / „Hautsinn“ als einen einzigen Sinn auf, dann
sind der T a s t - u n d D r u c k s i n n , W ä r m e - u n d K ä l t e -
s i n n , S c h m e r z s i n n (die Empfindlichkeit gegen Stiche) so-
wie der Tastsinn als eine Seite des R a u m s i n n e s seine Bestand-
teile; alle diese Teilsinne des „Hautsinnes“ also nicht strenge trenn-
bar. Aber auch wenn man von den einzelnen Empfindungsarten als
gesonderten ausgeht, ergibt sich schwer eine eindeutige Unter-
scheidung, wie die Frage des B e w e g u n g s - u n d G l e i c h -
g e w i c h t s s i n n e s beweist, welche Sinne einerseits ineinander
übergehen, sofern sich nämlich Gleichgewichtsempfindung inner-
halb der Bewegung einstellt, andrerseits weder ineinander noch in
andere Sinne völlig aufgehen. Aber dennoch können sie nicht als
selbständige Sinne bezeichnet werden, wenigstens gewiß nicht eben-
so wie der Gesichts- und Gehörsinn. Denn der Gleichgewichtssinn
stellt sich eher als ein Teil des Bewegungssinnes dar; der Bewegungs-
sinn selbst wurde mit Recht als „ i n n e r e r T a s t s i n n “ be-
zeichnet, würde sich darnach als ein Teil des Tastsinnes darstellen. —
Auch der Gehörsinn ist insofern kein streng gesonderter Sinn, als
er einen Teil des R a u m s i n n e s bildet und als er ferner in dem
vom Menschen hervorgebrachten Worte n i c h t m e h r r e i n e r
L a u t , sondern zugleich mit dem Begriffe (mit der Vorstellung)
eins ist. Ähnliches gilt vom Gesichtssinn, der ebenfalls zugleich
Raumsinn ist und mit dem Begriffe des Gegenstandes verschmilzt.
Wichtig ist die bekannte g e g e n s e i t i g e E r h e l l u n g d e r
S i n n e , die sich z. B. darin zeigt, daß auch der beste Weinkenner
bei geschlossenen Augen seines Urteils nicht sicher ist, oder daran,
daß mit dem Geruch (z. B. durch Schnupfen) auch der Geschmack
versagt.
Jeder Sinn ist nur aus der Gesamtheit aller Sinne zu begreifen.
Innerhalb dieser Ganzheit erst haben die einzelnen Sinne ihre Stel-
lung, eine g l i e d h a f t e Stellung.
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Das alles drängt dahin, den Leib als Gesamtganzes aufzufassen.
Der Leib bildet nach außen hin ein allgemeines Sinnesorgan, ein
Gesamtsinnesorgan mit einem Gesamtsinn oder Allsinn, welches
wechselnde und ineinander übergehende Unterscheidungen auf-
weist. Die fünf Sinne: Gesicht, Gehör, Getast, Geruch, Geschmack