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tarischen Empfindungsweise Kaspar Hausers und der Seherin aber-
mals kar; desgleichen, daß die leiblichen Sinnesorgane die Besonde-
rungen des Leibes als Ganzen sind; endlich daß sie solche Besonde-
rungen sind, welche zu den Grundbeschaffenheiten der äußeren Welt
in E n t s p r e c h u n g stehen. Denn bei völliger, absoluter Fremd-
heit des Geistes und der Beschaffenheiten der äußeren Natur wäre
eine Vermittlung zwischen beiden, wie sie die Sinnesempfindungen
darstellen, un- / möglich. Das spricht sich auch in der leiblichen
Beschaffenheit der Sinnesorgane selbst aus. Das Auge ist ein Licht-
organ. Es ist lichtartig und nur darum vermag es durch Licht zu
empfinden. Grundsätzlich wahr bleibt der Spruch Goethes, der be-
kanntlich auf Plotin und den Satz „Gleiches wird durch Gleiches
erkannt“ zurückgeht:
War’ nicht das Auge sonnenhaft,
Die Sonne könnt’ es nie erblicken;
Lebt’ nicht in uns des Gottes eigne Kraft,
Wie könnt’ uns Göttliches entzücken?'
Nun macht es die neuzeitliche Naturforschung allerdings nicht
leicht, den Grundsatz der E n t s p r e c h u n g zwischen Organ
und Gegenstand, welcher eine sinngemäß aufeinander bezogene,
eine gegenseitige Abgestimmtheit erfordert, aufrechtzuerhalten, da
die Natur Vorgänge aufweist, für die wir kein Organ haben, wie die
Röntgen- und andere Strahlungen, oder auch Elektrizität und
Magnetismus, für die wir keine arteigenen Empfindungen haben.
Dennoch wird sich erweisen, daß damit der Grundgedanke der Ent-
sprechung noch nicht fällt.
D.
G r u n d s ä t z l i c h e s ü b e r d a s W e s e n d e r
S i n n e s e m p f i n d u n g
Bisher gelangten wir zu einer Art Umkehrung der sensualisti-
schen Meinung. Diese sagt: die Quelle alles Geisteslebens ist die
Sinnesempfindung. Hört sie auf, wird uns die Außenwelt abge-
sperrt, dann hört auch die Zufuhr für das innere Leben auf, dieses
verarmt und erlischt schließlich, wie die Herabminderung des
Geisteslebens bei Blind- und Taubstummgeborenen zu erweisen
scheint.