Table of Contents Table of Contents
Previous Page  6285 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 6285 / 9133 Next Page
Page Background

[145/146/147]

131

grammatisch genommen), in R h y t h m u s u n d S t i l sind die /

Gestaltelemente der Sprache gegeben. Die Handhabung der Sprache

galt mit Recht von jeher als ein vornehmlich künstlerisches Ver-

mögen.

Die Gestalt der Sprache muß ihren Stoff der Sinnesempfindung

entnehmen, gleichwie das im Geiste vorhandene Bild des Künstlers

in Farben und Leinwand von stofflich-sinnlicher Wirklichkeit er-

scheinen muß. Die Sinnlichkeit der Sprache liegt im Hören der

Sprachlaute durch den G e h ö r s i n n ; und ferner im Hervor-

bringen derselben durch den K e h l k o p f , der damit ein ent-

scheidend wichtiges Organ des Geistes wird (was wir entgegen der

herkömmlichen Physiologie behaupten müssen); endlich in den

s i n n l i c h e n O r g a n e m p f i n d u n g e n , die beim Gebrau-

che der Sprachwerkzeuge entstehen.

Schließlich muß aber dies alles durch Handeln verwirklicht wer-

den, nämlich im Aussprechen. Das Sprechen ist ein Handeln. Es

formt nicht unmittelbar die Sprache, sondern zieht nur — wie

alles Handeln — die Summe aus dem Vorgeordneten, hier dem Ge-

dachten und Gestalteten, durch das Sinnliche. Wollen und Handeln

formt also nicht unmittelbar die Sprache, es wirkt nur aus, was

schon früher im Geiste erbildet wurde.

Nach allem Bisherigen leuchtet es ein, daß innerhalb der Spra-

che als einer E i n h e i t s e r s c h e i n u n g m e h r e r e r S t u -

f e n Vorrangverhältnisse bestehen müssen. Es sind folgende:

Denken ist vor Gestalten; Gestalten ist vor Sprechen (Handeln);

Sprechen (Handeln) ist vor Sinnlichkeit (denn die Sinnlichkeit wird

von ihm werkzeuglich gebraucht, ist daher nur genetisch früher,

dagegen begrifflich später). — Da Mitteilung nur Vermittlung der

Gezweiung, nicht diese selbst ist, nimmt die Gezweiung an dieser

Vorrangreihe nicht teil.

Aus diesen Vorrangsätzen folgt, daß in der Sprache als geistigem

Gebilde der Gedanke das Erste sei; als ein Gebilde der Sinnlichkeit

aber (das heißt der sinnlichen Ausführung nach) der Gehörsinn

eine besondere Bedeutung erlange, obgleich auch Be- / wegungs-

und Raumempfindungen beteiligt sind. Durch die Sprache erhält

dieser Sinn seine beherrschende und überragende Stellung unter

den äußeren Sinnen. Schon hier zeigt sich, daß Hören für das Den-

ken, Sehen für das künstlerische Gestalten der wichtigste Sinn ist.