154
[170/171]
Liebe durch Wissen; Wissen durch Kunst (sowie durch die Sprache,
das Gedachte muß auch gestaltet ausgesprochen werden); Glaube,
Liebe, Wissen und Kunst durch Wollen und Handeln; Glaube,
Liebe, Wissen, Kunst, Wollen und Handeln endlich wieder durch
die innere und äußere Sinnlichkeit (alle weisen auf die äußere Um-
welt zum Behufe der stofflichen Mittel ihrer Verwirklichung hin).
Wir behandeln diese sowie die früheren Fragen am besten von der
Seite der Unmittelbarkeit und Mittelbarkeit aus, da alles Empfan-
gen Unmittelbarkeit, alles Verarbeiten Vermittlung ist.
C. U n m i t t e l b a r k e i t u n d M i t t e l b a r k e i t
Die Unmittelbarkeit ist jenes nicht weiter zu Beschreibende und
zu Zerlegende (eben weil unvermittelt Einheitliche), welches das
Lebendige in allen Erscheinungen unseres gesamten geistig- / sinn-
lichen Lebens ausmacht, also auf allen Stufen sich zeigt. Mittelbar-
keit oder Vermittelbarung schließt dasjenige in sich, was man auch
richtig „unterscheiden“ nennt. „Unterscheiden“ ist aber nicht etwa
nur beim Denken vorhanden, sondern, wie sich zeigen wird, auf
allen Stufen.
Unmittelbarkeit ist in Glaube und Andacht, Vermittelbarung in
den bestimmten Ausformungen, die sie z. B. in Gebet und Kult
finden (allerdings mit Hilfe der nachfolgenden Bewußtseinsstufen,
besonders des Wissens und der Kunst). Unmittelbarkeit ist auch in
Liebe (oder Haß) Vermittelbarung in den verschiedenen Besonde-
rungen und Untergliederungen der Neigungen oder Abneigungen
(die ebenfalls wieder durch Wissen und Gestalten vorzugsweise voll-
zogen werden). Unmittelbarkeit ist vor allem in der Eingebung,
weshalb diese „geistige Anschauung“ mit Recht heißt; Vermittel-
barung zuerst in der grundsätzlichen Fassungsweise (als Gegenstand
oder Gestalt), sodann in der Verarbeitung selbst durch zerlegendes
und verbindendes Denken sowie durch gestaltendes Bilden. Die
Unmittelbarkeit der Eingebung bleibt aber auch in der Verarbei-
tung bestehen, denn Denken und Gestalten ist auf echte und le-
bendige Weise nur möglich, wenn die Eingebung festgehalten wird.
Je weniger das der Fall ist, umso äußerlicher, unfruchtbarer, irriger
wird die Wissenschaft und umso realistischer, gestaltloser, häßlicher