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Welt geht, das G e i s t u r s p r ü n g l i c h e (also Glaube, Ge-
zweiung, Wissenschaft und Kunst), so gilt:
1.
Das Geistursprüngliche ist vor dem Abgeleiteten.
Hier wird nun der Gang der Ausgliederung unterbrochen. Denn
nicht mehr rein geistige Fortgliederungen sind es, die nun auf-
treten, sondern eine innere Welt, die durch Bindung an den Leib
und an den äußeren Reiz bezeichnet ist, die Sinnlichkeit. Die Sinn-
lichkeit ist daher ein verhältnismäßig Ursprüngliches. Aber den-
noch ist die Vorrangstellung des Geistes über sie insofern gewahrt,
als die Eindrücke der äußeren wie der inneren Sinnlichkeit erst
durch höhere geistige Tätigkeit, durch Unterscheiden als Gegen-
stand (Erkennen, Vorstellen) und durch Gestaltung (künstlerisches
Bilden) zu Empfindung und Wahrnehmung gemacht werden. Ohne
diese Tätigkeit blieben sie nur ein Dunkles, Ununterschiedenes,
sozusagen Chaotisches
1
. Wir fassen diese Überlegungen in folgen-
den Satz zusammen:
2.
Das Geistige ist vor dem Sinnlichen, aber nur, soweit im Sinn-
lichen nicht ein eigenes, ursprüngliches Element gelegen ist. Ferner
gilt:
3.
Innerhalb der Sinnesempfindungen ist Instinkt vor innerer
Sinnlichkeit; innere Sinnlichkeit vor äußerer Sinnesempfindung.
Denn die äußere Sinnesempfindung ist eine Differenzierung der
inneren Sinnlichkeit (Organempfindungen
2
), diese des Instinktes.
Im besonderen gilt:
/
4.
Innerhalb der äußeren Sinnesempfindungen hat das Gehör den
Vorrang vor dem Gesicht; Gehör und Gesicht haben den Vorrang
vor allen übrigen Sinnesempfindungen.
5.
Innerhalb der inneren Sinnesempfindungen hat die geschlecht-
liche Empfindung den Vorrang
3
.
Satz 9 gilt angesichts der Sprache. In der Sprache erweist es sich,
daß das höhere Geistesleben durch den Laut, also mittelst des
Gehörsinnes, seine Gedanken in die Wirklichkeit umsetzt
4
. Auch
Satz 8 wird überraschen, da man gewohnt ist, die äußere Sinnes-
1
Siche oben S. 127.
2
Vgl. oben S. 121.
3
Zu erläutern durch S. 19J, unten.
4
Vgl. oben S. 130 f.