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Abgesehen von den Beweisgründen, die Troxler mit Recht für

die oberste Vorrangstellung des Herzens geltend macht, belehrt uns

darüber ganz besonders auch die Erwägung: daß das leibliche Leben

seine u r s p r ü n g l i c h e n Anstöße nicht aus dem Nervensy-

stem empfangen könne. Weder das zentrale noch das periphere Ner-

vensystem würde von sich aus den Kreislauf des Lebens zu erregen

und ihm immer neuen Anstoß zu geben vermögen. Denkt man sich

das Nervensystem noch so sehr „perzipierend“ und auf dieser

Grundlage „motorische“ Erregungen (an die Muskeln usw.) aus-

teilend — diese Leistung setzt Leben schon voraus. Ursprüngliche

Lebenserregungen könnten von den Nerven also nicht ausgehen.

Das Leben liegt um eine Schichte tiefer! Der menschliche Leib gliche,

vom Nerv aus gesehen, eher einem Zuschauer. In Wahrheit geht

der immer wieder erneute Anstoß zum Leben von Atem und

Herzschlag aus. Nur durch die Rhythmik des Herzschlags ist ja

auch die Rhythmik der Lebensverrichtungen, ist der Kreislauf

derselben, ihre regelmäßige Wiederkehr (Periodizität) erklärlich.

Schon Aristoteles bemerkte, daß das Herz zuerst schlägt und zuletzt

stirbt.

Die neuzeitliche Überschätzung des Nervensystems hat ja auch

manche Überraschung an den Erfahrungen, die man an Gehirnver-

letzten im Kriege (Kopfschuß und dergleichen) machte, erlebt. Die

verhältnismäßige Entbehrlichkeit des Nervensystems ist aber be-

greiflich, sobald man es als System der Leitung, welche zwischen den

Systemen selbst besteht, auffaßt. Denn die einzelnen Organsysteme

können sich in ihrem Eigenleben auch ohne Oberleitung mehr oder

weniger behelfen, während sie ohne die Belebung, ohne dasjenige

System, welches den Einschlag des Geistes selbst darstellt, Herz und

Atem, nicht einen Augenblick bestehen können. Wenn Herz und

Atem aussetzen, / ist die Quelle des Geistes versiegt, und der Kör-

per verwandelt sich in einen bloßen Chemismus, den Leichnam.

4.

Die innere Verbindung mit der Natur oder

das Verdauungssystem

Der Geist schafft sich in Gezweiung höherer Ordnung den Leib,

nicht um in ihm sich endgültig darzustellen, was sinnlos wäre;

sondern um in ihm ein Organ zu haben, das ihn mit der ganzen