194
[215/216]
dabei ist nur die äußere Seite der Sache, das Ergebnis. Die wesen-
hafte Seite ist das immer neue Sich-Verbinden der Stoffe untereinan-
der, und zwar nach innerer Wahlverwandtschaft und als Gang des
Lebens selbst. Wäre die Einverleibung lediglich Wechsel der Stoffe
(nur im chemisch-physikalischen Sinne), dann bliebe auch unerklärt,
daß gerade in ihr die G e s t a l t u n g der gesamten Leiblichkeit
und ihrer Teilorgane sich grundlegend vollzieht (wie sich früher
ergab
1
).
/
Weil die leiblichen Sinnes-Organe selbst keineswegs schon die
Sinnes-Empfindung sind, ist es auch gerechtfertigt, sie (als l e i b -
l i c h e Systeme genommen) der Verdauung als der inneren Ver-
bindung, und sogar der Bewegung als der äußeren, erst nachfolgen
zu lassen. Alle Besonderungen und Scheidungen des g e s a m t e n
Leibes setzen eben alle diese Organsysteme schon voraus. Die Or-
gansysteme müssen ideell schon da sein, ehe er sich als Leib beson-
dern (differenzieren) kann.
Auf Grund des Erreichten läßt sich eine weitere Einsicht in die
Sinnesorgane gewinnen. Stellen die äußeren Sinnesorgane die Ver-
bindungsweise des Leibes (und durch ihn des Geistes) mit der
Außenwelt her, so muß der Begriff „Verbindungsweise“ näher be-
stimmt werden. Die Sinnesorgane müssen einerseits den Zuständ-
lichkeiten und Beschaffenheiten der äußeren Natur und andrerseits
dem Wesen und den inneren Zuständigkeiten des Geistes entspre-
chen. Es entsprechen einander:
Licht und Auge;
Schall und Gehör (mit dem schallerzeugenden Organe, der Kehle);
Festigkeit der Stoffe und Tastsinn (der Haut);
Wärme und Wärmesinn (der Haut);
Bewegung und Bewegungssinn (mit Hilfe der Muskeln);
chemische Eigenschaften des Stoffes und der Geschmacksinn (der Zunge mit
dem Verdauungssystem);
chemische Eigenschaften des Stoffes und der Geruchsinn (der Nase);
das Naturganze und der Allsinn des Leibes
2
.
Diese Entsprechungen sind nicht nur für die Beurteilung der
Sinnes e m p f i n d u n g wichtig, sondern auch für die Beurtei-
lung der Verrichtungssysteme, welche den menschlichen Leib auf-
1
Siehe oben S. 190.
2
Vgl. dazu oben S. 119 ff. (über Kaspar Hauser und die Seherin von Prevorst).