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Welt verbindet. Diese Verbindung ist eine zweifache: eine äußere
durch die Bewegung, z. B. der Hände und Füße; eine innere durch
fortwährende Aufnahme und Abgabe von Stoffen aus der Außen-
welt, die Ernährung. Der hohe Sinn der Ernährung ist, eine stete
innere Verbundenheit (Kommunikation) mit der umgebenden Na-
tur zu gewinnen. Kann überhaupt der Sinn der Verleiblichung des
Geistes nur darin liegen: daß der Geist im Leibe ein Organ für die
gesamte stoffliche Welt habe, so muß diese Verbindung mit der
Welt vor allem von innerlicher Art sein. Wer „süß auf der Zunge“
spürt, der fühlt dadurch eine innere Verbundenheit mit den Natur-
qualitäten der Welt. In diesem Falle wird die innere Verbindung zur
Bewußtheit erhoben und gehört daher der Empfindungsebene, nicht
der Leiblichkeit an. Die Aufnahme und Verarbeitung der äußeren
Stoffe selbst aber und ihre Ausstoßung, kurz, die Verdauung, ist der
rein stoffliche Vorgang, in welchem der L e i b l i c h k e i t des
Menschen ihre stete Verbundenheit mit dem Naturleben gewährlei-
stet wird. Hieraus ist das System der Verdauung mit allen ihm un-
mittelbar zugehörigen und dienenden Organen und Vorgängen,
auch denen der inneren Absonderung, zu verstehen.
1.
Die Gestalt des Leibes
Hier ist es an der Zeit, das Wesen der Gestalt des Leibes ins
Auge zu fassen.
Der bloße Chemismus des Leibes vermag keine Gestalt zu bil-
den. Überdies muß diese sich im steten Wechsel der Einverleibung
und Ausstoßung der Stoffe behaupten.
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Die Gestalt des Leibes erklärt sich als keine ursprüngliche, son-
dern eine abgeleitete Tat des Organismus. Sie ist nämlich ein Er-
gebnis, und zwar folgt sie aus dem Verrichtungsbau der Glieder,
ähnlich wie eine Schlußfolgerung aus Vordersätzen; und dieser Ver-
richtungsbau wieder kommt daher, wie sich der Geist zu einem
Körper darstellt. Aus dem Rhythmus von Herz, Atmung und Blut-
kreislauf ergibt sich sowohl die Grundgestalt des Herz-, Lungen-
und Gefäßsystems; wie auch die Notwendigkeit anderer Systeme,
darunter des Nervensystems und der Verdauung. H e r z - , A t -
m u n g s - u n d G e f ä ß s y s t e m s i n d e s , w e l c h e d i e
z e i t l i c h - r h y t h m i s c h e G e s t a l t u n d d i e r ä u m -