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keine in sich geschlossene Bilder- und Gestaltensprache zur Verfü-

gung. Er schließt auch nicht das Innere der Dinge auf, nur im

menschlichen Auge selber verrät er unmittelbar Seele und knüpft

sich hier an die Gezweiung an. Im übrigen aber bezeichnet er nur

die äußere Gestalt und Qualität (Farbe usw.) der Dinge. Allerdings

zeigt er die Welt der Gestalten klarer als jeder andere. Im ganzen

e n t s p r i c h t d e r G e s i c h t s i n n m e h r d e m k ü n s t -

l e r i s c h e n G e s t a l t e n , d e r G e h ö r s i n n m e h r d e m

D e n k e n u n d d e r G e z w e i u n g .

V o m T a s t s i n n e (einschließlich der Wärme-, Druck- und

Bewegungsempfindung) gilt ebenso, daß er das Äußere der Dinge

darstellt und dem künstlerischen Gestalten entspricht. Tast- und

Gesichtsinn zusammen schaffen bekanntlich erst die Raumempfin-

dung (an der allerdings auch das Gehör mitwirkt).

G e s c h m a c k - u n d G e r u c h s i n n geben Beschaffenheiten

der Dinge an, mit denen wir eine mehr innerliche, unmittelbare

Verbindung gewinnen und welche ihre übrigen Wesensbilder er-

gänzen. Geschmack und Geruch sind in dieser Weise ergänzende,

das von den höheren Sinnen schon konstituierte Bild der Welt

noch vertiefende und bereichernde und gleichsam verinnerlichende

Sinne zu nennen. Aber da sie die Nahrung und den Stoffwechsel

(allerdings unter Mitwirkung des Gesichtsinnes) / vornehmlich

leiten und damit die Verbindung des Leibeslebens mit dem Natur-

leben, können sie als Sinne der vitalen Innerlichkeit, als l e b e n -

v e r b i n d e n d e oder k o m m u n i k a t i v e Sinne bezeichnet

werden. Innerhalb dieses Rahmens können darum auch beide zu-

sammen als ein Ganzes betrachtet werden. In ihrer Eigenschaft als

verbindende, kommunikative Sinne sind Geschmack und Geruch

unter den äußeren Sinnen diejenigen, welche der Gezweiung am

meisten entsprechen. Doch entfernen sie sich auch am meisten von

bewußter Geistigkeit. Es handelt sich ja auch bei ihnen um eine

Verbindung mit dem Chemismus der Natur, mit der Außenwelt,

nicht mit dem Geiste.

Im Verhältnisse untereinander ist dem Geruchsinne insofern

die erste Stelle vor dem Geschmacksinne einzuräumen, als er dem

Geschlechte nähersteht (wie auch die bekannte Verbindung der Nase

mit dem Geschlechtsorgan beweist), der Geschmacksinn der Ver-

dauung.