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Von den übrigen Vorrängen wäre noch auf die besondere Bedeu-

tung der S a m m l u n g für das gesamte Geistesleben hinzuweisen.

Doch werden diese Erscheinungen in anderen Zusammenhängen in

dieser Untersuchung wiederholt zur Sprache kommen.

Nach dem Satze „Das Vollkommene ist vor dem Unvollkomme-

nen“ haben wir endlich einen praktischen V o r r a n g d e s v e r -

v o l l k o m m n e n d e n B e w u ß t s e i n s festgestellt. Dieser Vor-

rang leuchtet aus dem Wesen der ausgliedernden Ganzheit, die überall

nur im reinen Ausgliederungserfordernisse ihren Sinn findet, ein.

Es enthüllt sich uns der innere Grund jener Herrlichkeit und

Größe, welche dem Menschen damit gegeben ist, daß er ein Gewis-

sen hat und dessen Rufe zur Höherbildung auf allen inneren Stufen

seines Wesens folgen kann.

/

V. Rückblick und Vergleich

Blicken wir auf unsere ableitend-entwerfende Entwicklung der

Ausgliederungsordnung des Geistes zurück, so dünkt es uns wich-

tig, den Unterschied von entsprechenden Versuchen F i c h t e s ,

S c h e l l i n g s u n d H e g e l s hervorzuheben. Fichte ging 1. nur

von der Selbstobjektivierung aus; 2. entwickelte er daraus die Form

der Dialektik und leitete nun von den einander stets negierenden

Schritten den Aufbau des Bewußtseins in seinem kühnen Versuche,

der „Gnosogonie“, ab; 3. ging er dabei von unten hinauf, er begann

mit der Sinnesempfindung. Fichten folgten Schelling und Hegel

1

. —

Die geniale Erkenntnis Fichtes, daß die Selbstsetzung nur zugleich

als Selbstentgegensetzung (Selbstobjektivierung) zum Selbstbewußt-

sein, zum Geist führen könne, bleibt wahr und grundlegend. Wir

fügen ihr jedoch die Gezweiung hinzu, in welcher mit (beziehungs-

weise vor) der Objektbildung (das eine wie das andere Ich wird als

Gegenstand erkannt) zugleich die Hingabe gesetzt wird (das eigene

Ich wird im andern gegründet, das andere Ich wird im eigenen ge-

gründet). Mit dem Ich-Gegenstand-Verhältnisse tritt daher zugleich

ein Ich-Du-Verhältnis auf

2

. Die Hingabe in der Gezweiung oder

Liebe ist ein Ursprüngliches im menschlichen Geiste neben der Ver-

1

Siehe darüber im Anhang.

2

Vgl. oben S. 59 f.