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gegenständlichung oder Erkenntnis. Hiemit ist der Rationalismus,

welcher der rein dialektischen Geistesauffassung Fichtes (nämlich als

reines Ich-Gegenstand-Verhältnis) noch einwohnt, durchbrochen

und in der Hingabe oder Liebe ein Irrationales, das Enthaltensein

in der Geisteswelt (durch Gezweiung) gesetzt. Während also das

Ich-Gegenstand-Verhältnis das Selbstbewußtsein nur auf das Denken

beschränkt, tritt dagegen in der Gezweiung ursprünglich noch eine

irrationale Grundlegung des Bewußtseins im Hingabeverhältnisse

hinzu, wobei dieses Irrationale den Vorrang hat. Liebe / ist dem

Begriffe nach vor Wissen. Das ganzheitliche Verfahren vermeidet

aber auch (im Gegensatze zu Dialektik und Empirismus), mit der

Sinnesempfindung zu beginnen. Es geht nicht von unten hinauf,

sondern von oben hinunter, beginnt mit Übersinnlichkeit und Ge-

zweiung.

Hiermit ist auch in rein sachlicher Hinsicht ein reicherer Anfang

bei der Begründung des Bewußtseinsbegriffes gemacht als im dia-

lektischen Begriffe der bloßen Selbstobjektivierung als der Natur

des Bewußtseins. Endlich ist auch der reine Formalismus der Dia-

lektik vermieden. Denn an die Stelle der reinen Entgegensetzung

(Ich-Nichtich), die mit dem dialektischen Subjekt-Objekt-Verhält-

nisse gegeben war, tritt nun die Setzung eines Gliederbaues der

Ganzheit, die Ausgliederung. In der Ausgliederung ist aber weniger

entscheidend, daß Unterschiede (Differenzen, welche dialektisch ge-

sehen Gegensätze wären) auftreten; wesentlicher ist, daß die

U n t e r s c h i e d e i n d e n G l i e d e r n n a c h W e i s e d e r

E n t f a l t u n g d e r G a n z h e i t a u f t r e t e n , nämlich als

einander ergänzende, auf Gegenseitigkeit angelegte Unterschiede.

Dasselbe, was im ausgliedernden Vorsein, im Ganzen „als solchem“,

was in den jeweils höheren Stufen und den jeweils vorgeordneten

Teilinhalten eingeschlossen, vorgebildet ist, dasselbe muß in den

nachgeordneten Stufen und Teilinhalten zur Entfaltung gelangen. —

Auch der Begriff des Vorranges, der alle Verhältnisse der Ganzheit

durchleuchtet, ist der Dialektik unerschwinglich (noch mehr dem

Verfahren der mechanischen Ursächlichkeit).

Diese Besinnungen beweisen, daß das ganzheitliche Verfahren

allein jene Begriffsmittel in die Hand gibt, welche den sinnvollen

Gesamtzusammenhang des Gliederbaues geistiger Erscheinungen

aufschließen; ja daß es sogar auch allein diejenigen Begriffsmittel