214
[238/239]
keine Glieder (noch Stufen, Ganzheiten), sondern Inhalte aller
Glieder (Stufen und Ganzheiten) sind. Daß sie in allen Gliedern
und Ganzheiten gleichzeitig enthalten sind, ist die Entsprechung zu
der gleichzeitig vielfachen Gliedhaftigkeit aller konkreten Glieder.
II.
Folgerungen aus der Ausgliederungsordnung für das System
der Geisteswissenschaften
Die Ausgliederungsordnung des Geistes bestätigt, was uns schon
aus dem Begriffe des Geistes folgte: daß die Geisteslehre nicht von
der S e e l e n l e h r e oder Psychologie getrennt werden könne.
Die subjektive Geisteslehre umfaßt die gesamte sogenannte Psy-
chologie, die als selbständiges Sonderfach eine mißglückte Erfin-
dung des Empirismus ist, und gibt ihr erst den richtigen Rahmen.
Weiter folgt aus der Ausgliederungsordnung, daß die Geisteslehre
des Denkens, die fälschlich sogenannte „Psychologie des Denkens“,
zugleich einerlei sei mit der E r k e n n t n i s t h e o r i e , / ins-
besondere als Lehre vom eingebenden Denken (das heißt von der
Natur des Denkens als auf Eingebung begründet, womit der Ur-
sprung der Erkenntnis aufgedeckt ist). Ferner umfaßt die Geistes-
lehre des Denkens auch die f o r m a l e D e n k l e h r e o d e r
L o g i k , die sogenannte „Normwissenschaft der Logik“, nämlich
als Lehre vom untergliedernden, die Eingebung verarbeitenden
Denken
1
. Auch folgt aus der Ausgliederungsordnung, daß die
Geisteslehre des Gestaltens zugleich einerlei sei mit der K u n s t -
l e h r e o d e r Ä s t h e t i k , der sogenannten „Normwissenschaft
der Ästhetik“
2
; weiterhin daß die Lehre vom vervollkommnen-
den Bewußtsein zugleich einerlei sei mit der S i t t e n l e h r e im
weiteren Sinne oder Ethik, der sogenannten „Normwissenschaft
der Ethik“. Diese muß überhaupt als einheitliches und selbständiges
Fach aufgelöst werden. Als solches hatte sie nur so lange Sinn, als
man sie lediglich auf die Vollkommenheiten des Handelns ein-
schränkte (siehe Kantens kategorischen Imperativ), das heißt auf
den Gehorsam gegenüber „Geboten“ der praktischen Vernunft.
In Wahrheit umfaßt sie aber sämtliche Gebiete des Geistes: Glau-
1
Siehe oben S. 67 ff.
2
Siehe oben S. 89 ff.