S e c h s t e r T e i l
Fortbildung der Erscheinungslehre
des Geistes mit den Begriffsmitteln der Lehre
von der Ausgliederungsordnung
I. Wesensgemäßheit und Wesenserhöhung, Wesenswidrigkeit
und Verkehrtheit
Es liegt in der naturwissenschaftlichen Einstellung der „Erfah-
rungsseelenlehre“ aller Richtungen, daß sie einen strengen Begriff
des Wesensgemäßen, Normalen nicht aufzustellen in der Lage sei.
Gleichwie für die Physik Elektrizität nur schlechthin „ist“, nicht
aber sein „soll“, so auch in der Seelenlehre die seelischen Erschei-
nungen. Den Tatsachen nach waltet hier indessen der peinliche
Unterschied ob, daß die Elektrizität Krankheit und Irresein nicht
zeigt, wohl aber der Geist. Jedoch vermochte auch methodologisch
die Seelenlehre keinen Übergang zum Gesunden (Normalen) und
Kranken (Normwidrigen) zu finden, und zwar weder zu den Minde-
rungen, Zerrüttungen und Verkehrungen des geistig-seelischen Le-
bens noch auch zu dessen Steigerungen und erhöhten Zuständen.
Darum mußte die Seelenkrankheitslehre von Anbeginn eigene Wege
gehen. Sowohl die Bilder und Einteilungen, die sie entwirft, wie
auch die Heilverfahren hatten so gut wie keinen Bezug zur „Er-
fahrungsseelenlehre“, die sich damit als wirklichkeitsferne erwies.
Anders die ganzheitliche Betrachtung des Geistes. Sie findet im
sinnvollen S a c h g e h a l t e d e r G a n z h e i t den Maßstab,
den gegenständlichen, nichtsubjektiven Maßstab für das / Wesens-
gemäße und das Wesenswidrige. Das ganzheitliche Verfahren ver-
mag aus dem gliederbaulichen Sachgehalte der Ganzheit sinngemäß
zu erkennen, welche die jeweiligen Ausgliederungserfordernisse
des Geistes seien und welche nicht. Was hinter dem Wesensgemäßen
zurückbleibt, erweist sich als Unvollkommenheit, Minderung oder
als Zerstörung für die Ganzheit und ihren Gliederbau, also als