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nen, Bauindustrien und so fort sicher sind; die Maschinenfabriken wie-

der, wenn Maschinen verwendende Gewerbe, jene anderen, wenn die

Verbraucher für ihre Leistungen da sind. Ergebnis: Das eine Gewerbe

gedeiht nur, wenn alle da sind! Wie die Rohstoffherstellung nur gedeiht,

wenn das Veredelungsgewerbe dahinter steht, so dieses nur, wenn ihr

die Fertigerzeugung folgt. Aber auch zwischen den Zweigen der Fertig-

ware unter sich bestehen wieder dieselben Beziehungen. Wenn z. B. die

chemische Farbenerzeugung durch einen Zoll im Inland, obwohl nur

teurer, ermöglicht wird, so entsteht damit für die inländische Textil-

industrie in der neuen chemischen Arbeiterbevölkerung ein neuer Markt.

Und dadurch kann die Last der Verteuerung der Färbemittel von der

Textilindustrie selbst dann getragen werden, wenn / eine geringe Ver-

teuerung der Textilware nötig wäre, denn der Markt ist zugleich erwei-

tert worden. — Gleiche Abhängigkeit stellt List zwischen L a n d w i r t -

s c h a f t u n d G r o ß g e w e r b e fest. Dieses ist Abnehmer der Land-

wirtschaft und nützt ihr um so mehr, ein je näherer Markt es für die

Landwirtschaft ist. List kommt hier wie Thünen zu dem Ergebnisse: daß

die Intensität der Landwirtschaft mit der Nähe des Absatzmarktes

wachse. Ein marktnahes Großgewerbe ist der natürlichste Förderer der

Landwirtschaft, daher nach List Schutzzölle für diese (damals) weniger

notwendig erscheinen. So sind Ackerbau und Industrie von Natur aus

bestimmt, „im ewigen Frieden“ zu leben — das Gegenteil der Ricardo-

schen Lehre, welche Landwirtschafts- und Industrievorteile als innere

Gegensätze auffaßt!

In ähnlicher Weise besteht nach List ein inniger Z u s a m m e n h a n g

z w i s c h e n G e w e r b e u n d V e r k e h r s w e s e n . Ein gutes Ver-

kehrsnetz fördert die Entwicklung des Großgewerbes.

Zum zweiten gilt nach List der Satz der Freihändler, daß man

nur da kaufen solle, wo es am billigsten sei, nicht angesichts längerer

Zeiträume. Denn sobald die fruchtbaren Kräfte durch den Schutz

entwickelt sind, arbeiten die betreffenden Gewerbe nicht mehr

teurer, sondern billiger. „Im Laufe der Zeit werden die Produkte

bei einer zur Aufbringung einer vollständigen Manufakturkraft be-

fähigten Nation wohlfeiler im Inland fabriziert als von außen ein-

geführt . . . “ Der Verlust an Tauschwerten, den das Land durch den

Zollschutz anfangs erleidet, ist nur das Erziehungskapital für die In-

dustrie, das heißt für die Gewinnung dauernder Produktivkräfte.

Die Zölle sind E r z i e h u n g s z ö l l e .

„Wollte heute England sich verbindlich machen, den Deutschen jahre-

lang alle ihre Bedürfnisse an Manufakturwaren umsonst zu liefern, wir

könnten nicht dazu raten, ein solches Offert anzunehmen. Wenn die

Engländer durch neue Erfindungen in den Stand gesetzt werden, die

Leinwand um 40 Prozent wohlfeiler zu fabrizieren als die Deutschen bei

der alten Verfahrungsweise und wenn sie in der neuen Verfahrungsweise

nur einen Vorsprung von wenigen Jahren vor den Deutschen gewinnen,

so geht ohne Schutzzoll einer der wichtigsten und ältesten Manufaktur-

zweige Deutschlands zugrunde — es ist, als fiele ein Glied von dem