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Vorrangverhältnisse vorgezeichnet. Die volle Erreichung dieses

Zieles ist keinem Sterblichen vergönnt.

Die wesensgemäße Gestaltung des Geistes bedarf einer eigenen

Darstellung nicht, da sie überall schon im Begriffe der Stufen und

Teilganzen, den wir jeweils aus den Ausgliederungserfordernissen

des ganzen Geistes entwickelten, enthalten war. Folgende Hinweise

mögen indessen für Eingebung und Verarbeitung der einzelnen

Stufen hier noch hinzugefügt werden.

Das übersinnliche Bewußtsein ist gekennzeichnet durch aus-

gebildeten religiös-metaphysischen Sinn, Glaubensstärke nach Seite

der Eingebung; Glaubensbewährung nach Seite der Verarbeitung

hin.

Das Gezweiungsbewußtsein ist bestimmt durch Innigkeit, Ge-

mütstiefe und Treue (Stetigkeit) sowie durch immer wachsende

Sehnsucht nach weiterer Vollkommenheit, welche als Fähigkeit und

Lust zu verehren und zu bewundern zur Erscheinung kommt. Ohne

Verehrungsbedürfnis keine Liebe.

Das denkende Bewußtsein ist bezeichnet durch Tiefsinn und

Scharfsinn, ersterer aus Eingebungsfülle, letzterer aus Klarheit der

Verarbeitung. Daraus ergibt sich also ein Wissen, welches nicht

zusammengestückelt (eklektisch) noch bloß verständig (ratio- /

nalistisch) noch lebensfremd (eingebungsschwach) ist, sondern über-

all lebensvoll und doch einheitlich durchgegliedert (systematisch) ist.

Das gestaltende Bewußtsein ist ebenfalls bezeichnet durch Ein-

gebungstiefe (entsprechend dem Tiefsinne) und Sorgfalt sowie Stil-

einheit der Verarbeitung (entsprechend dem Scharfsinne). Die ein-

gebungstiefe Kunst (Shakespeare, Mozart, Goethe) eint Idee und

Wirklichkeit und ist darum nicht naturalistisch, die einheitlich ver-

arbeitende ist formenstreng und nicht stilvermengend.

Das hinauswirkende Bewußtsein zeigt ein Wollen und Handeln,

welches von Glauben, Liebe und gestaltetem Gedanken (sowie von

gesunder Sinnlichkeit) ausgeht. Bleibt es von diesen geistigen Vor-

aussetzungen auch in der Ausführung bestimmt, dann ist es von Be-

geisterung getragen, hält in der Wirklichkeit stand und reicht an

die Macht des Heldentums heran (Ideenpolitik als schöpferische

Kunst des Möglichen).

Das reine Bild der äußeren Sinnlichkeit zeigt Klarheit und sichere

Beobachtung; die gesunde innere Sinnlichkeit und der Instinkt sol-