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der Herzensarme und auch nicht Gemeinschaftsbeflissene, Stumpfe;

der Ungelehrige und auch um Wissen wenig Beflissene (oder, wenn

beflissen, eklektisch und unlogisch); der Unmusische und auch nicht

Musenfreundliche (oder, wenn befreundet, naturalistisch und stil-

mengend, auch ästhetenhaft, leer, nachahmend); der unbegeisterte

und auch nicht sein Ziel energisch verfolgende Mensch — er ist es

ja, der uns allerorten begegnet und überall den Grundstock zur trä-

gen Masse bildet.

Während der kalte Eifer doch immer noch das Bild des nicht

Befriedigten und nicht Fertigen zeigt und noch die Möglichkeit

der Eingebung offen läßt, ist das Trostlose an unseren Bildern: die

Sattheit. Sie erst gibt überall der inneren Armut jene feste Grund-

lage, die sie zur Plattheit, Spießbürgerlichkeit auf jeder Ebene des

Geistes und darum gewissermaßen unüberwindlich macht. Denn

mit der Sattheit, welche die Dummheit gründet, kämpfen Götter

selbst vergebens.

Diese Menschen finden ihre Entschädigung meistens in einer mehr

oder weniger mäßigen Sinnlichkeit. „Der Sinnlichkeit ist jeder-

mann teilhaftig, der Vernunft aber nur ein geringer Teil“, sagt

Platon im Timaios (51a).

Tritt auf dem Gebiete der äußeren und inneren Sinnlichkeit

sowie des Instinktes zur Eingebungsschwäche noch die Schwäche

der Verarbeitung hinzu, dann ist nicht nur dem höheren geistigen

Leben die Grundlage entzogen (denn ohne starke sinnliche Grund-

lage können die höheren Vermögen schwer wirken); / sondern es

ist auch die letzte Schichte des Lebens bedroht. Hier geht der Zu-

stand des Menschen immer mehr von Plattheit und Spießbürger-

lichkeit in allgemeine Stumpfheit, Geistes- und Körperschwäche,

schließlich in Blödsinn über.

III. Erhöhte Zustände und Verkehrungen des Geistes

Alle jene Zustände, die wir bisher als Minderungen des Wesens

oder Steigerungen zum Wesensgemäßen kennzeichneten, sind Ge-

genstand alltäglicher Erfahrung. Trotzdem vermag sie die alte See-

lenlehre mit ihren Begriffsmitteln nicht verständlich zu machen.

Begreiflich, denn von „Vorstellung, Gefühl und Wille“ aus läßt