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Metaphysik, weil ihr der Inhalt dieser Vorstellungen, Gefühle

usw. nicht wesentlich ist. Sie „wertet“ diesen Inhalt nicht, sondern

überläßt das wieder der „Weltanschauung“.

Die W e s e n s e r h ö h u n g des menschlichen Geistes ist durch

zweierlei Vorgänge möglich: erstens durch wahrhaft erhöhte Ein-

gebung, die auf allen Stufen auftreten kann und dort die neue

Grundlage für das verarbeitende Bewußtsein bildet; und zweitens

durch das Vordringen des Menschen bis zum letzten Grunde seines

Wesens, jenem Unoffenbaren des Geistes, welches die Mystiker das

Fünklein nennen. Wir behandeln zuerst die mystischen Zustände.

A.

M y s t i s c h e E r h ö h u n g d e s G e i s t e s

( D e r M y s t i k e r )

Daß es mystische Erhöhungen des Geistes gebe, wird aus den

soeben berührten Gründen, welche der bisherigen Seelenlehre den

Weg zu ihrer Wesenserkenntnis versperrten, geleugnet.

/

Es ist aber zweierlei zu unterscheiden, die Tatsachen selbst und

die wissenschaftlichen Erklärungsmöglichkeiten. Die nackten Tat-

sachen liegen aber offen vor aller Augen. Die Religionsgeschichte,

die Geschichte der hohen idealistischen Philosophie — ich ver-

weise nur auf das im Sinne mystischer Zustände zu deutende Höh-

lengleichnis Platons

1

, auf die Lebensgeschichte Plotins und Jakob

Böhmes, ferner die Geschichte der philosophischen Mystiker und

die Geschichte der Heiligen — bringen die Beweise für solche Tat-

sachen in Fülle

2

.

Eine planmäßige Darstellung der Verzückungserscheinungen ist hier nicht un-

sere Aufgabe. Wir begnügen uns mit einigen Beispielen, die wir ausnahmsweise

1

Vgl. mein Buch: Philosophenspiegel, Leipzig 1933, S. 169 f. [z. Aufl., Wien

1950, S. 194 ff.].

2

Vgl. Joseph Görres: Christliche Mystik, j Bde, neue Aufl., Regensburg

1879—80, wo viel, aber allerdings ungleicher Stoff vorgelegt wird. Ein Quellen-

werk dagegen, das an Glaubwürdigkeit nichts zu wünschen übrig läßt, stellen

die Schriften der hl. Theresia dar. (Sämtl. Schriften der hl. Theresia von Jesu,

Verlag von Fr. Pustet, Regensburg 1919 ff.) Gilson, Bonaventura, Hellerau, 1929.

Vgl. auch die Schriftenangaben unten S. 237 f.