Table of Contents Table of Contents
Previous Page  6398 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 6398 / 9133 Next Page
Page Background

244

[273/274/275]

seiner Verjüngung und Kräftigung immer wieder der Schauungszu-

stände, wie sie in den Bannungen nach Art von Schlaf, Traum, Ma-

gnetismus, Ah- / nungen sich einstellen. In solchen Bannungen wird

der grobstoffliche Leib umgeschichtet (magnetisiert), dem Geiste zu-

gänglicher gemacht und so seine Zuständlichkeit dem geistigen

Leibe mehr angenähert. Die leiblichen wie die geistigen Heilwir-

kungen des Schlafes (und ähnlicher Bannungen), die Kostbarkeit

der Träume ergibt sich daraus. Der dauernde Wachzustand ist dem

Menschen nicht erschwinglich, er muß immer in Zustände unter-

tauchen, welche zugleich befreien und erlösen, indem sie bannen.

Nicht indem der Geist zur Bewußtlosigkeit herabsinkt (wie man

fälschlich den Schlaf deutet), verjüngt und stärkt er sich, sondern in-

dem er in einen Urzustand, das Schauen, zurückkehrt. Darum kann

man auch das wache Bewußtsein den w e l t l i c h e n Z u s t a n d ,

das gebannte den U r z u s t a n d des Geistes mit einem gewissen

Rechte nennen.

Ausnahmsweise lassen wir hier, indem wir zugleich unsere frühere Dar-

stellung der Sinnlichkeit abrunden, eine Beschreibung folgen, die wir Justinus

Kerners „Seherin von Prevorst“

1

entnehmen:

1. Das M e n s c h e n a u g e

„So oft Frau H. in das r e c h t e Auge eines Menschen sah (wobei der

Geisterblick ihres Auges noch aufs höchste gesteigert wurde und sie zuletzt

jedesmal wie von einem elektrischen Schlage zusammenfuhr), sah sie in ihm,

hinter ihrem sich in ihm abspiegelnden Bilde, immer noch ein Bild heraus-

schauen, das aber weder ihrem Bilde noch vollkommen dem Bilde desjenigen,

in dessen Auge sie sah, glich. Sie hielt es für das Bild des inneren Menschen

von dem, dem sie ins Auge sah.

Bei manchen erschien ihr dieses innere Bild ernster als das äußere, oder

umgekehrt, und es entsprach dies auch immer dem Charakter des Menschen,

in dessen Auge sie sah, bei manchen schöner, verklärter als das äußere. Sah

sie in das l i n k e Auge eines Menschen, so stellte sich in diesem immer das

innerliche körperliche Leiden desselben im Bilde dar, z. B. Magen, Lunge oder

was sonst in ihm krank war, und dabei zugleich das Heilmittel. In m e i n e m

linken Auge sah sie Verordnungen für sich. Bei einem Menschen, der nur

ein l i n k e s Auge hatte, sah sie in demselben den inneren Menschen und

zugleich noch ein körperliches Leiden und Verordnungen dagegen.

/

In dem rechten Auge der Tiere (z. B. eines Hundes, eines Huhns) er-

blickte sie ein blaues Flämmchen, gewiß das Unsterbliche im Tiere, die Seele,

dasjenige, von dem S c h u b e r t sagt: ,öfters scheint eine dem Auge ver-

borgene geheime Welt aus dem Auge des Tieres hervor, wie durch geöffnete.

1

Kerner: Die Seherin von Prevorst, Stuttgart 1829, jetzt Reclamausgabe,

S. 141 ff.