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III. Hinweis auf die Unvollkommenheitskategorien
der Umgliederung
( E r s c h e i n u n g s l e h r e )
Der Entfaltungsgang des menschlichen Geistes ist von Unvoll-
kommenheiten erfüllt. Diese sind wesentlich dadurch bezeichnet:
daß ein Ziel der Entfaltung entweder erreicht wurde oder nicht.
Unter „Ziel der Entfaltung“ ist aber nicht eine bloß willkürliche
subjektive Setzung, die auch auf Täuschung beruhen kann, zu ver-
stehen. Vielmehr liegt sie wesentlich darin, daß den / sachlichen
Umgliederungserfordernissen der Ganzheit entweder Genüge getan
wurde oder nicht.
Wir haben in der obigen Übersicht die Unvollkommenheit, wel-
che hier entsteht, gekennzeichnet als Fehlgründung und Fehlentfal-
tung. Beide nehmen von einem gewissen Punkte an, an welchem sich
der Widerspruch mit den eigenen Lebenserfordernissen der Ganz-
heit geltend macht, die Form der geistigen Krise an (im besonderen
die Form von Bruch und Stauung) mit der ihr folgenden Gegen-
gründung und Gegenentfaltung.
Die geistigen Erscheinungen, welche sich mit diesen krisenhaften
Zuständen, wie wir sie ganz im allgemeinen nennen wollen, ver-
binden, sind nun von größter Bedeutung für das wirkliche Leben
jedes Menschen.
Z w i s c h e n V o 1 1 e n t f a l t u n g u n d
F e h l e n t f a l -
t u n g , z w i s c h e n G e l i n g e n u n d M i ß l i n g e n b i l d e t
s i c h a l l e s i m M e n s c h e n — die Tatkraft, die Denkkraft,
die künstlerische Gestaltungskraft, Liebe und Glaube ebenso wie die
innere und äußere Sinnlichkeit. Um diese Geschehnisse zu verste-
hen, müssen sie daher auf den verschiedenen inneren Geistesstufen
und in den verschiedenen inneren Entfaltungsphasen (zeitlichen
Umgliederungsstufen) betrachtet werden
1
.
Vollentfaltung, Bejahung, Gelingen bedeutet überall S t ä r -
k u n g , S e l b s t e r m u t i g u n g , S e l b s t v e r t r a u e n , T r i -
u m p h , F r e u d e . Man darf sich aber nicht mit diesen allgemei-
nen Begriffen beruhigen. Die Wirkung der Glaubenskraft, der
Liebeskraft, der Denkkraft, der künstlerischen Gestaltungskraft, der
1
Über Gelingen und Mißlingen als „Gefühle“ siehe oben S. 217.