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gestohlen und noch dazu mißverstanden wiedergegeben habe.“
1
Auch
die eingehende Abhandlung des Verhältnisses zwischen List und Müller
bei Hildebrand
2
, die allerdings nicht ganz zutreffend ist, beweist mir
dasselbe. — Endlich: daß List, der Adam Müller im Jahre 1820 in Wien
besuchte, dessen Schriften, die zum Teil Aufsehen gemacht hatten, nicht
gekannt habe, ist mindestens in dem Sinne unmöglich, daß sie ihn nicht
mittelbar durch das damalige Schrifttum hindurch beeinflußt hätten.
Wenn sich List jedoch gegen den törichten Vorwurf des Plagiates an
Adam Müller wehrte, wird ihm jeder, der das Schöpferische seiner
geistigen Arbeit würdigt, nur recht geben
3
.
Über das Verhältnis L i s t s z u Franz von Baader vgl.: Franz von
Baaders Schriften zur Gesellschaftsphilosophie, herausgegeben von Jo-
hannes Sauter (= Die Herdflamme, 14), Jena 1925, S. 816 ff. — Vgl.
ferner Jakob Baxa: Geschichte der Produktivitätstheorie, Jena 1926.
Nicht zutreffend ist das übliche Urteil, das Lists Lehre einfach als
N e u m e r k a n t i l i s m u s bezeichnet; denn Lists Lehrstück von den
Produktivkräften und der Wechselseitigkeit aller Zweige der Volks-
wirtschaft ist doch etwas anderes als die durch Geldeinfuhr, Handels-
bilanz und Überwindung der Naturalwirtschaft begründete merkantile
Zolltheorie.
Uber Lists Einfluß auf Bernhardi siehe S. 133, auf Carey siehe S. 163,
auf Dühring siehe S. 163, über seinen Einwand gegen Malthus siehe S. 89 f.
IX.
Der Optimismus Careys
und seine europäischen Entsprechungen
A.
Die Lehre Careys
Am Anfang der amerikanischen Volkswirtschaftslehre steht das
Lehrgebäude von Henry Charles Carey.
Carey (1793—1879), geboren in Philadelphia als Sohn eines aus Irland
eingewanderten
amerikanischen
Verlagsbuchhändlers.
Hauptwerke:
Principles of Political Economy, 3 Bde, Philadelphia 1837/1840 (in diesem
Werke ist Carey noch Freihändler); Principles of Social Sciences, Phila-
delphia 1858/1859 (Grundlagen der Sozialwissenschaft, deutsch von
C.
Adler, München 1863/1864); Lehrbuch der Volkswirtschaft und Sozial-
wissenschaft, deutsch von C. Adler, München 1866, 2. Aufl., Wien 1870.
Careys Lehre ist eine solche der wirtschaftlichen Harmonie und
des Optimismus, der er als Leitspruch das Wort Keplers voranstellte:
„Das Weltgebäude ist ein harmonisches Ganzes.“
/
Der Volksreichtum als Summe aller Nützlichkeiten wird (ähn-
1
Bruno Hildebrand: Die Nationalökonomie der Gegenwart und Zu-
kunft, Frankfurt a. M. 1848, S. 69.
2
Bruno Hildebrand: Die Nationalökonomie der Gegenwart und Zu-
kunft, Frankfurt a. M. 1848, S. 59—62.
3
Vgl. oben S. 148, Anmerkung.