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der ihm verwandte Materialismus, der psychologische Determinis-
mus, die sensualistische Psychologie, welche alle jedes innere Leben
nach Art eines mechanischen Modells begreifen wollen.
2.
Das Apriori
Die Frage, wie sich die Bestimmtheit des Geistes durch die Aus-
gliederungsordnung zu seiner Bestimmtheit durch das formale
Apriori Kantens, das gleichfalls ein Vorgeordnetes und Vorbewuß-
tes des subjektiven Geistes ist, / verhält, kann hier nicht unberührt
bleiben. Wir erörtern daher zuerst das Kantische, dann das ganz-
heitliche Apriori.
a) Das K a n t i s c h e A p r i o r i
Für Kant war das Apriori bekanntlich ein subjektives und ein
formales. In der „Kritik der reinen Vernunft“ unterscheidet er nun
zwei Gruppen des Apriori: der Sinnlichkeit (Raum und Zeit) und
des Verstandes (die Kategorien desselben wie z. B. Substanz, Kausali-
tät), beide als bereitliegende F o r m e n , welche empirische In-
h a l t e aufnehmen können. Sieht man aber auf seine anderen
„Kritiken“ hin, so findet man, daß er noch zwei weitere Apriori-
begriffe zu entwickeln sich gezwungen sah, nämlich den Begriff des
sittlichen Apriori, das ebenfalls formal ist und in der einfachen
Vernunftbestimmtheit des Handelns besteht (im Gegensatze zur
sinnlich-inhaltlichen Triebbestimmtheit desselben); sodann den Be-
griff des Apriori der Urteilskraft. Dieses Apriori ist nicht mehr ein-
heitlich, da es sowohl die nach Zwecken urteilende wie die künst-
lerische Vernunft umfaßt
1
.
b) Das „ A p r i o r i “ d e r g a n z h e i t l i c h e n
G e i s t e s l e h r e
Soll es ein Apriori, wie Kant es will, geben — nämlich für den
Verstand eine ganze Tafel apriorischer Formen —, so müßten in
Wahrheit viel mehr solcher Tafeln entworfen werden. Es gäbe dann
je eine Tafel apriorischer Formen:
1
Kant: Kritik der Urteilskraft, Berlin 1790, Einleitung, Kap. VIII und öfter.