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dungen fehlt. Der Geschlechtstrieb stellt sich das Empfundene nicht

als Gegenstand entgegen, um es durch die Verstandestätigkeit des

Wissens auffassen zu lassen, sondern es bleibt bei der Unmittelbar-

keit des Empfundenen. Die Gattung an s i c h (als solche) kann —

als die höhere Ganzheit — nicht gegenständlich empfunden, nicht

gewußt werden — daher das scheinbar Unpersönlich-Allgemeine

(„Kollektive“) der Gattung. Die Gattung ist aber in Wahrheit /

nicht unpersönlich, sondern überpersönlich, höhere Ganzheit

1

, was

auch durch das Metaphysische des Geschlechts bezeugt wird.

Jene Menschen, die von der Rückverbundenheit in der Gattung

besonders eingenommen sind, die Geschlechts- und Instinktsmen-

schen, müssen daher im engeren Sinne als gattungsverbundene

Menschen bezeichnet werden. Bei ihnen beherrscht die Rückverbun-

denheit mit der leiblichen Gattung alles. Casanova, der Don Juan

Mozarts, der Don Juan Lenaus, Eichendorffs Erzählung „Das Mar-

morbild“ stellen die wichtigsten Arten dar. Ersterer bleibt sozu-

sagen im Leiblichen befangen, Mozarts Don Juan rührt an die

Finsterwelt, die uns im Naturhaften der leiblichen Gattung ent-

gegentritt (wobei nur an die Musik, nicht an den Wortlaut des

Schauspiels zu denken ist). In Lenaus Don Juan tritt eher das Meta-

physische des Gattungslebens hervor, mehr noch in den „Wahl-

verwandtschaften“ Goethes, vor allem aber bei Novalis („Wenige

kennen das Geheimnis der Liebe“). In Eichendorffs „Marmorbild“

spielt das Unerlöste der Natur bedeutsam herein.

Auch hier führt uns die Geisteslehre nur an die Metaphysik

heran, sie zeigt die Rückverbundenheit des Menschen mit der leib-

lichen Gattung auf. Aber man darf nicht von ihr verlangen, daß sie

die metaphysische Lehre von der Gattung selbst entwickle.

1

Siehe

unten

S. 352 f.