NACHWORT
von
Rolf Amtmann
Im Denken ist göttliche Würde
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.
Othmar Spann
Schöpfertum, Ebenbildlichkeit, Persönlichkeit: Diese dem Men-
schengeiste in die Wiege gelegten Gottesgaben schimmern durch alle
Verdüsterungen des gefallenen Erdenlebens jedem entgegen, dessen
Herz noch empfänglich ist für den Glanz alles Uber-Natürlichen;
nicht nur des Übernatürlich-Transzendenten, sondern auch des
über der Natur Stehenden, das nicht bestimmt und gefesselt ist von
den mechanischen Gesetzen des Naturablaufes. Diese wahrhaft gött-
lichen Gaben aber so freizulegen und zu ent-decken, daß das urtüm-
liche, ungebrochene Wesen des Menschen wieder offenbar werden
kann, das ist nur einem Philosophengeiste erreichbar, der begnadet
ist, das Erlebnis des Überirdischen mit der ungetrübten Klarheit
irdischer Denkkraft zu vermählen. In sich selbst, im eigenen Geiste
das Wirken und Walten des Weltgeistes zu vernehmen und mit der
strengen Kunst des begrifflichen Wortes zu fassen und zu deuten,
das war in der Geschichte der Philosophie nur wenigen gegeben.
In wohl unübertroffener Meisterschaft der Einfachheit vermochte
Spann dem Leser den Zauberspiegel vor Augen zu stellen, der ihm
den lauteren Kern des eigenen Wesens enthüllte.
Er tat es in einer Zeit, in welcher herrscherliche Hybris sich
anschickte, die Welt mit äußerer Macht gewaltsam zu bezwingen;
in der zugleich Angst und Verzweiflung um die innere „Existenz“
eine dem davon befallenen Zeitgeist gemäße geistige Führungs-
schichte immer mehr an die Herrschaft brachte. Inzwischen hat das
Gleichgewicht der Angst auch die äußere Herrschaft auf unserem
Planeten angetreten. Diese Angst aber ist nach dem göttlichen Er-
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Othmar Spann: Ganzheitliche Logik, Eine Grundlegung, aus dem Nachlaß
herausgegeben von Walter Heinrich, Salzburg, Klosterneuburg 1958, S. 64.